Süße Mädchen, freche Jungs – YouTube-Stars und die gute alte Stereotypfalle

Wir leben in einer Zeit, in der man YouTube-Star als einen seriösen Vollzeitjob ansehen kann. Und zwar so sehr, dass eine aktuelle Studie herausfand, dass 34% der jungen Menschen als Traumjob genau dies angeben. Zu den berühmten YouTube Prominenten zählt auch Felix Arvid Ulf Kjellberg, besser bekannt unter seinem Onlinepseudonym PewDiePie. Er ist ein schwedischer Komiker und Videoproduzent.

PewDiePie, der mittlerweile über 57 Millionen Abonnenten hat, fand sich in letzter Zeit in den Schlagzeilen wieder, weil er sich gegenüber dem Vorwurf der rassistischen Beleidigung verteidigen musste. Dann gibt es da noch die süße Zoella, die im richtigen Leben auf den Namen Zoe Sugg hört. Sie ist von Beruf Beauty-Bloggerin. Ihre lebhaft-freche Begrüßung „Hey Leute“, ihr Mops, ihre Make-up-Tips und ihre bevorzugte Farbpalette in Rosegold hat ihr bei Teenagern auf der ganzen Welt einiges an Bekanntheit eingebracht. Und diese Popularität hat sie dazu gebracht, drei Bücher herauszubringen und eine eigene Make-Up Linie bei Superdrug zu veröffentlichen. Ihr Name taucht als Pointe in Fernsehkomödien wie der Peep Show und bei den Gilmore Girls auf. Sie ist voll im Trend.

Diese zwei YouTuber haben viele Gemeinsamkeiten. Sie haben sich „vom Tellerwäscher bis zum Millionär“ hochgearbeitet – und beide haben ihr eigenes erfolgreiches Geschäft vom Schlafzimmer aus aufgebaut. Pewdiepie konzentrierte sich auf seinen Games-Kanal, nachdem er im Jahr 2011 sein Studium abgebrochen hat. Gerüchte besagen, dass er sich zunächst mit dem Verkauf von Hot Dogs finanzieren musste. Zoella hat ihren Beautyblog während eines langweiligen Praktikums gestartet.

Beide werden als Beispiele dafür hochgehalten, wie Plattformen wie YouTube neue Wege zum Ruhm für werdende Medienunternehmer geschaffen hat. Und da sich die nächste Generation immer öfter in der Nähe einer Tastatur befindet, wurde der Bedarf für eine Reihe an Vlogging-Akademien wie beispielsweise die Tubers Academy in Exeter geschaffen, um jungen Menschen zu helfen, ihre #YouTubeGoals durchzusetzen.

Auch wenn diese neuen Jungunternehmer große Wellen in der Internetwelt schlagen, scheint es so, dass es in diesem Medienwunderland dieselbe gläserne Decke und Gehaltsunterschiede zu geben scheint wie anderswo auch.

Frauen nach oben?

Auf diese Weise manifestieren viele YouTube-Vlogs in Großbritannien dieselben stereotypen Geschlechterrollen und Thematiken, die schon lange in der restlichen Medienwelt existieren. Zoella ist eine Frau und eine Beauty-Vloggerin – sie ist niedlich und harmlos und tritt ohne jegliche Kontroverse und Skandale auf. PewDiePie ist ein Mann, der für seine Games und Comedy-Videos aus den völlig falschen Gründen in den Schlagzeilen stand. Ganz ähnlich bauen die meisten beliebten männlichen Vlogger eine ebenso diverse Reichweite an Videoinhalten über Wissenschaft, Komik, Animation und Vlogs über „Streiche“ auf.

Für die bessere Analyse dieser Entwicklungen benutzte ich SocialBlade, um die 30 meistabonnierten YouTube Kanäle in Großbritannien zu identifizieren. PewDiePie ist in dieser Liste nicht dabei. Zwar lebt er in Brighton, hat aber in seinem Channel eingetragen, dass er in den USA wohnhaft sei.

Ich fand heraus, dass lediglich sechs dieser 30 Kanäle von Frauen betrieben werden. Vier Vloggerinnen unter ihnen sind jedoch noch Kinder. Also werden von den 30 meistabonnierten Vlogs Großbritanniens nur zwei von erwachsenen Frauen betrieben. Tatsächlich werden sie sogar von derselben Person betrieben, es ist nämlich der erste und der zweite YouTube-Kanal von der bereits erwähnten Zoella. Die Vloggerin hat ihren einsamen Spitzenplatz im Ranking anerkannt. Zum Blogossphere-Magazin im Jahr 2016 sagte sie: „Wenn es um weibliche YouTuber in Großbritannien geht, stehe ich definitiv im Mittelpunkt.“ Die zweitbeliebteste Frau nach Zoella ist eine andere Beauty-Vloggerin, die sich mit ihr denselben Manager teilt. Ihr Name ist Tanya Burr und sie hat 3,7 Millionen beautyinteressierte Youtube-Fans für sich gewinnen können. Das entspricht etwa einem Drittel der Abonnenten, die Zoella folgen.

Geschlechtsspezifischer Lohnunterschied

Natürlich kann im YouTuber-Dasein für die großen Stars auch viel Geld stecken – ein aktueller Bericht besagt, dass Zoella durchschnittlich mehr als 50.000 britische Pfund im Monat verdient. Trotz dieser hohen Umsatzzahlen argumentiert Brooke Erin Duffy in ihrem neuen Buch, das die Arbeitsumgebung von Influencern untersucht, dass nur acht Prozent von Mode-, Beauty- und Lifestylebloggern genug Geld verdienen, um davon tatsächlich leben zu können. Das bedeutet, dass die meisten Beauty-Vloggerinnen ihr Einkommen wahrscheinlich mit einem Teilzeitjob aufstocken müssen, um über die Runden zu kommen.

Auf der anderen Seite haben es männliche YouTuber weitaus leichter, einen Kanal zu leiten, mit dem sie Millionen an Klicks generieren. Game-Channels sind schnell zusammengestellt, man kann hier auch recht schnell viele Inhalte kreieren. Diese Inhalte werden von YouTubes Algorithmen bevorzugt behandelt. Mit diesen Inhalten können ebenso lukrative Sponsorings an Land gezogen werden. Der britische Vlogger Olajide William Olatunji, auch bekannt als KSI, arbeitet mit Kellogs und Puma zusammen. Minecraft Vlogger Dan Middleton (Dan TDM) hat eigene Actionfiguren mit dem Namen Tube Heroes herausgebracht.

Ganz spezifisch auf YouTube bezogen hält Google die Einkommen im „Partnerprogramm“ ganz absichtlich geheim – also von den YouTubern, die mit ihren Videos Geld generieren. Aber Schätzungen zeigen, dass es nicht viel ist – hier wird nur etwa zwischen einem britischen Pfund bis zu vier britische Pfund pro tausend Klicks generiert. Wenn diese Ungleichheit die Top-Vlogger beeinträchtigt, sind es die paar wenigen, die hier professionell arbeiten und davon auch leben können.

Für weibliche Vlogger scheint es nicht so leicht zu sein, einen Channel nach oben zu bringen, der sich nicht mit Beautythemen beschäftigt. Und wenn sie es doch versuchen, wird es oft als Nische angesehen. Ein Beispiel ist Book Tube, ein Genre mit hauptsächlich (ebenso hauptsächlich weiblichen) Vloggern, die sich mit Themen rund um Literatur beschäftigen. Aber sogar die meisten beliebten BookTubers haben Vollzeitjobs – das bedeutet, dass der Großteil der Arbeit ohne Bezahlung gemacht wird.

Es wird klar, dass, ungeachtet des demokratischen Anreizes neuer Medienplattformen wie YouTube, noch immer veraltete, starre Geschlechtsrollen bestehen. Diese zementieren das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern immer weiter. Es hat sich also noch nicht viel geändert. In Frauenmagazinen dreht sich noch immer alles um Schönheit und Mode, während es bei Männermagazinen um Technologie, Spiele und Musik geht.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) „Lippenstift“ by kaboompics [CC0 Public Domain]


The Conversation

ist eine Doktorandin in Kunsttechnologie und Innovation an Universität East London.


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