Die Oberfläche des Mars ist eine kalte Wüste. Die vernarbte Landschaft lässt ehemals rauschende Flüsse, ruhige Seen und möglicherweise sogar planetenweite Meere erahnen. Jedoch beträgt die Dichte der gegenwärtige Atmosphäre des Mars etwa 0,6 Prozent der Dichte der Erde und ist somit bei Weitem zu dünn, um flüssiges Wasser – oder gar Leben – auf der unfruchtbaren Oberfläche hervorzubringen.
An einem gewissen Punkt in der Geschichte des Planeten muss es jedoch eine dickere, dichtere Atmosphäre gegeben haben, die wahrscheinlich hauptsächlich aus Kohlendioxid (CO?) bestand. Herauszufinden, was mit all dem CO? geschehen ist, könnte uns dabei helfen, mit der ansteigenden Menge des Gases in unserer eigenen Atmosphäre fertig zu werden, die einen gefährlichen Klimawandel herbeiruft.
Also, wohin ist die Atmosphäre des Mars verschwunden? Eine große Menge ging an den Weltraum verloren, abgetragen vom Sonnenwind. Einiges wurde als CO?-haltiges Eis an den Polen gespeichert, wo es bis heute erhalten ist. Ein Teil der Atmosphäre jedoch wurde in kohlenstoffhaltige Mineralien umgewandelt und über Jahrtausende hinweg konserviert. Mithilfe einer Kombination aus Satelliten und Rovern sowie von Hinweisen aus Meteoriten, die vom Mars abgestoßen wurden und auf der Erde gelandet sind, beginnen wir zu verstehen, wie dieser Prozess der mineralischen Karbonisierung die gesamte Atmosphäre eines Planeten verändern kann.
Die Menschheit ist tatsächlich sehr gut darin geworden, CO? mit einer breiten Auswahl an Techniken aus der Atmosphäre zu filtern. Sobald es einmal herausgefiltert wurde, wird das CO? üblicherweise zu einer dichten Flüssigkeit komprimiert. Die Problematik besteht darin, diese Flüssigkeit sicher und stabil zu lagern, und das über Millionen von Jahren hinweg. Eine aufregende neue Entwicklung nennt sich „mineralische Kohlenstoffbindung“. Das beschreibt den Prozess der Umwandlung von gasförmigem CO? in ein stabiles Mineral namens Karbonat.
Die Umwandlung von CO? in Gestein
Wie wird aus gasförmigem CO? massives Gestein? Wenn sich gasförmiges CO? in Wasser auflöst, produziert es eine schwache Säure, genannt Kohlensäure. Kommt diese säurehaltige Flüssigkeit nun in Kontakt mit Steinen, die als Basalte oder Peridodite bekannt sind und die viele der Mineralien Olivin und Pyroxen enthalten, geben diese angereicherte Teilchen von Elementen wie zum Beispiel Magnesium, Eisen und Kalzium an die Flüssigkeit ab.
Weitere chemische Reaktionen zwischen dem Gestein und der kohlenstoffhaltigen Flüssigkeit führen zur Entstehung des stabilen und karbonreichen Minerals Karbonat, das Risse und Porenräume im Gestein auffüllt. Der Kohlenstoff entwickelt sich von einem atmosphärischen Gas zu einer mineralischen Ablagerung. Während dieses Prozesses der Umbildung nehmen die ursprünglichen Gesteinsmineralien enorme Mengen an Wasser in ihre Zusammensetzung auf. Diese Hydratisierung führt dazu, dass das Gestein sich ausdehnt und bricht und damit neues Gestein freilegt, das wiederum mit dem Wasser reagieren kann.
Dieser Prozess der mineralischen Kohlenstoffbindung findet auf der Erde auf natürliche Weise statt, hauptsächlich in Ophiolithen, Teilen der Meereskruste, die sich bewegt und auf die Kontinentalplatten transportiert haben. Die natürliche Reaktion verläuft sehr langsam, über hunderte und tausende von Jahren hinweg und der Kohlenstoff, der aus der Atmosphäre extrahiert wurde, ist eine wichtige Senke für Kohlenstoff, der durch Vulkanausbrüche ausgestoßen wird.
Wenn wir diesen Prozess jedoch künstlich nachbilden können und es schaffen, dass er in einem schnelleren Tempo verläuft, können wir das CO?, das wir aus der Atmosphäre entnehmen, sicherer lagern. Mit dieser Art mineralischen Geoengineerings der Aufbewahrung von Kohlenstoff wird derzeit bei einer Reihe von Modellprojekten von Island, Norwegen und den Vereinigten Staaten experimentiert.
Forscher in diesen Ländern haben entdeckt, dass die Reaktion sehr viel schneller von Statten geht, wenn die Temperatur der Flüssigkeit auf etwa 185 Grad Celsius erhöht wird. Diese erhitzte Flüssigkeit wird in ein Bohrloch hinunter in die gewünschte Gesteinsschicht gespritzt, wo sie aufgrund der natürlichen Wärme unter der Erdoberfläche und auch, weil die Reaktion selbst Hitze erzeugt, heiß bleibt.
Jedoch müssen noch viele Fragen beantwortet werden, bevor das Verfahren in einem solchen Umfang durchgeführt werden kann, dass es im Kampf gegen den globalen Klimawandel von Nutzen ist. Im Idealfall benötigen wir hunderte Anlagen für die Kohlenstoffeinspritzung, wie zum Beispiel die Anlage von CarbFix, verteilt über die weitläufigen, basaltenen, wilden Regionen der Erde. Die Herausforderungen bestehen auch darin, die Reaktionen zwischen dem Gestein und Wasser vollständig zu verstehen, zu lernen, wie diese Reaktionen schnell genug ausgelöst werden und genauer zu schätzen, wie schnell sich das CO? mineralisiert und wie viel Raum es dabei einnimmt.
Verlust für den Mars, Gewinn für die Erde
Das ist es, was wir vom Mars lernen können. Es gibt eine nahezu endlose Anzahl an verschiedenen Möglichkeiten, wie das Auftrennen der chemischen Entwicklung des einen Planeten über geotechnische Verfahren auf unserem eigenen besser aufklären könnte. Zum Beispiel wird uns das Verständnis über den langfristigen Verbleib der Kohlenstoffe des Mars und wie sie mit der Atmosphäre und der Hydrosphäre interagieren lehren, wie wirksam diese Form der Kohlenstofflagerung auf der Erde sein könnte.
Die Kohlenstoffe, die auf dem Mars gefunden wurden, die Art und Weise der erfolgten chemischen Reaktionen sowie die sich verändernde Verteilung der Kohlenstoffkonzentration über den Planeten hinweg zu analysieren, können uns vielleicht dabei helfen, den Prozess der mineralischen Kohlenstoffbindung besser zu verstehen. Neue Kohlenstoffarten könnten entdeckt werden und Hinweise auf kohlenstoffbasierte Mineralien liefern, von denen wir zwar glauben, dass sie existieren, die aber noch nicht auf der Erde gefunden wurden.
Das Problem ist, dass es überraschenderweise nur sehr wenig Informationsaustausch zwischen Mars-Wissenschaftlern und Spezialisten für den Klimawandel auf der Erde gibt. Durch die Verknüpfung des Wissens dieser beiden Gruppen sind wir vielleicht in der Lage, unsere weltweiten Klimaprobleme in den Griff zu bekommen, indem wir die Gesteinskruste des Planeten nutzen. Der Verlust der Marsatmosphäre könnte für die Erde irgendwann einmal die Rettung vor dem Klimawandel werden.
Dieser Artikel erschien zuerst auf “The Conversation” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
Image (adapted) „Mars“ by Moyan Brenn (CC BY 2.0)
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Schlagwörter: Co2, Forschung, Geotechnik, Klimawandel, Mars