Mediathekenumschau vom 16. September

Es ist so eine Sache mit den Mediatheken: Für viele Digital Natives sind sie schon Fernsehersatz – alles ist überall abrufbar. Doch nur auf Zeit: Gerade die öffentlich-rechtlichen Programme sind oft nach einer Woche wieder offline. Verlängertes Fernsehen statt digitales Archiv. Bevor sie verschwinden, fischen wir die besten Perlen aus der TV-Flut.

JUNGE MENSCHEN WÄHLEN: Ich will das sich das ändert!

1LIVE+++ Sendung vom 16. September: Auch Radio gibt’s in den Mediatheken. Und vom Hörspiel bis zur klassischen Reportage, wahrscheinlich sogar mehr als bei den üblich-bewegten Inhalten, geht auch hier so manches Hörenswertes unbemerkt über den Äther. Besonders die Jugendwellen der Öffentlich-rechtlichen bieten spannende Produktionen, die sich im Netz streamen oder als Podcast downloaden lassen. In der Reportage „Ich will, dass sich das ändert!“ (man beachte die bestimmte Aussage im Sendungstitel) auf 1LIVE befragt Nina Fricke junge Leute aus NRW über ihren Alltag und ihre Gedanken zur anstehenden Bundestagswahl: „Was sie nervt und was sich ändern sollte“. Alle Interviewten, so das Fazit der kurzweiligen Porträts, vereint die Einforderung von Anerkennung und Respekt durch Politik und Gesellschaft. Das lesbische Paar Vielca und Anna plant seine Hochzeit und sehen nicht ein, warum Kinder nicht dazu gehören dürfen. Bilal wurde in Deutschland geboren und hat vor kurzem einen lapidaren Brief vom Amt bekommen. Er versteht nicht, warum er sich für eine seiner beiden Staatsbürgerschaften – und damit ein Heimatland – entscheiden muss. 

MARC-UWE KLING: Neues vom Känguru

Fritz +++ bei den RadionFritzen (nachmittags): Das kommunistische Kanguru ist seine Erfindung. Und es gibt keinen anderen, der sich so etwas ausdenken könnte: das australische Beuteltier ist als Mitbewohner und Sparringpartner für den schludrigen Berliner aus Marc-Uwe Klings Texten so absurd, dass – hat man sich einmal darauf eingelassen – die Welt um das ungleiche Paar herum gar nicht mehr so verrückt erscheint. Und damit nicht so weit entfernt von unserer. Hier hängen zwar noch keine Motivationsplakate in der Gegend rum („Ich schwimm bis nach Birma – für meine Firma“). Doch wenn es mal soweit ist, wünscht man sich ein Känguru, das einen „Anti-Terror-Anschlag“ auf eben die Poster plant. Im Berliner Jugendradio Fritz liest Marc-Uwe Kling regelmäßig Neues vom Kanguru vor.

EIN ANDERES AMERIKA: Junge Schriftsteller und ihr Verhältnis zur Politik

Deutschlandradio Kultur +++ am 17. September, 19:30 Uhr und danach in der Mediathek: Der Korrespondent Matthias Kolb schreibt auf sueddeutsche.de aus den USA. Für Deutschlandradio Kultur spricht er am Dienstag Abend mit jungen Schriftstellern, die sich in die gesellschaftlichen Gräben des Obama-Amerikas begeben. „Die neuen, politischen U-40-Schriftsteller wissen, dass sie weniger bewirken können als Norman Mailer oder Gore Vidal in den sechziger Jahren.“, so der Journalist. „Trotzdem machen sie weiter – und arbeiten an dem Projekt, an dem der Präsident und Bestseller-Autor Barack Obama nach eigenen Aussagen gescheitert ist: Sie suchen nach neuen Storys, die ein ganzes Land zusammenhalten können.“

BALD VORBEI: Tagesschaum

WDR +++ Sendung vom 16. September, noch bis Freitag täglich: Ein bisschen Bewegtbild muss es in der Woche der Bundestagswahl aber schon noch sein. Und sei es nur der schelmig-wissenden Gesichtsausdrücke des Polit-Erkläronkels Friedrich Küppersbusch wegen. Und seine Wortspiele würden auch nur halb so schön rüber kommen, wenn zum Beispiel Philipp Röslers Weg-Ruf nach der verlorenen Landtagswahl in Bayern nicht mit der Ansprache Mel Gibsons in Braveheart unterlegt werden könnte. Tagesschaum geht in die letzte Runde. Von Beginn an war geplant, den kurzweiligen Kommentar zum Wahlkampf (inzwischen fünf Mal pro Woche im WDR und auf youtube) nur bis zur Wahl laufen zu lassen. Vielleicht hat Friedrich Küpeprsbusch aber auch wieder Blut geleckt. Dem deutschen Fernsehen wäre es zu wünschen.

 

wanderte schon früh zwischen den Welten, on- und offline. Der studierte Kulturarbeiter arbeitete in der Redaktion eines schwulen Nachrichtenmagazins im Kabelfernsehen, produzierte Netzvideos und stellte eine Weile Produktionen im Cabaret-Theater Bar jeder Vernunft auf die Beine, bevor er als waschechter Berliner nach Wiesbaden zog, um dort am Staatstheater Erfahrungen im Kulturmarketing zu sammeln. Er baute später die Social-Media-Kanäle der Bayreuther Festspiele mit auf und schoss dabei das erste Instagram-Bild und verfasste den ersten Tweet des damals in der Online-Welt noch fremden Festivals. Seitdem arbeitete er als Online-Referent des Deutschen Bühnenvereins und in anderen Projekten an der Verbindung von Kultur und Netz. 


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