Diese Nanobots könnten die Medizin revolutionieren

Eine Gruppe von Physikern hat kürzlich den kleinsten Motor aller Zeiten aus nur einem einzigen Atom gebaut. Genau wie jeder andere Motor wandelt er Wärmeenergie in Bewegung um – aber in einem viel kleineren Maßstab als je zuvor. Das Atom ist in einem Kegel aus elektromagnetischer Energie gefangen und Laser hitzen es auf und kühlen es dann wieder herunter, sodass sich das Atom in dem Kegel wie ein Motorkolben hin und her bewegt.

Die Forscher der Universität Mainz, die hinter der Erfindung stecken, haben noch keinen spezifischen Nutzen für den Motor im Kopf. Aber er ist eine gute Veranschaulichung dafür, dass wir immer mehr in der Lage sein werden, Alltagsmaschinen, von denen wir abhängig sind, in winziger Größe nachzubauen. Das eröffnet den Weg für einige aufregende Möglichkeiten in der Zukunft, besonders für den Gebrauch von Nanorobotern in der Medizin, die in den Körper hineingeschickt werden könnten, um gezielt Medikamente freizusetzen oder sogar Krankheiten wie Krebs zu bekämpfen.

Die Nanotechnologie beschäftigt sich mit Objekten in der Größe von einem Milliardstel eines Meters, was nach einem unmöglich kleinen Maßstab klingt, um Maschinen zu bauen. Aber Größe ist relativ dazu, wie dicht man sich an einem Objekt befindet. Wir können Objekte in Nano-Größe genauso wenig mit dem bloßen Auge sehen, wie wir Planeten außerhalb unseres Sonnensystems sehen können. Aber wenn wir heranzoomen – mit einem Teleskop für Planeten oder einem starken Elektronenmikroskop für Nano-Objekte – verändern wir den Referenzrahmen und die Dinge sehen ganz anders aus.

Auch wenn wir einen näheren Blickwinkel wählen, können wir trotzdem keine Maschinen auf Nanoebene mit herkömmlichen technischen Werkzeugen bauen. Während normale Maschinen wie die Verbrennungsmotoren in den meisten Autos nach Newtons Gesetzen der Physik funktionieren, folgen die Dinge auf Nanoebene den viel komplexeren Gesetzen der Quantenmechanik. Also brauchen wir andere Werkzeuge, die die Quantenwelt berücksichtigen, um Atome und Moleküle so zu manipulieren, dass wir sie nutzen können, um Bausteine für Nanomaschinen zu bauen. Im Folgenden werden vier weitere winzige Maschinen vorgestellt, die einen großen Einfluss haben könnten.

Graphen-Maschine für Nanoroboter

Forscher aus Singapur haben vor Kurzen einen einfachen, aber in Nano-Größe gebauten Motor aus einem Stück hochelastischen Graphen präsentiert. Graphen ist eine zweidimensionale Platte aus Kohlenstoff-Atomen, die außergewöhnliche mechanische Stabilität besitzt. Sobald man Chlor- und Fluor-Moleküle in das Graphen-Gitter gibt und einen Laserstrahl darauf schießt, breitet sich die Platte aus. Wenn man den Laser nun sehr schnell an- und ausschaltet, bewegt sich das Graphen hin und her wie der Kolben eines Verbrennungsmotors.

Die Forscher glauben, dass der Graphen-Nanomotor als Antrieb für winzige Roboter genutzt werden könnte, um zum Beispiel Krebszellen im Körper zu attackieren. Weiterhin könnte er als so genannter „Lab-On-Chip“ gebraucht werden – ein Gerät, das die Funktionen eines Chemie-Labors auf ein winziges Paket zusammenschnürt, welches dann unter anderem für schnelle Bluttests genutzt werden kann.

Reibungsloser Nano-Rotor

Die Rotoren, die Bewegung in Maschinen wie Flugzeugmotoren oder Ventilatoren produzieren, leiden normalerweise unter Reibung, die ihrer Leistung ein Limit setzt. Die Nanotechnologie kann dazu genutzt werden, einen Motor aus einem einzigen Molekül zu erfinden, das ohne jegliche Reibung rotieren kann. Normale Rotoren interagieren nach den gesetzen Isaac Newtons mit der Luft, während sie sich drehen und erzeugen somit Reibung. Aber auf Nanoebene folgen molekulare Rotoren den Quantengesetzen, das heißt also, dass sie auf diese Weise nicht mit der Luft interagieren und keine Reibung ihre Leistung beeinträchtigt.

Die Natur hat uns schon gezeigt, dass molekulare Motoren möglich sind. Bestimmte Proteine können sich mit einem Rotationsmechanismus, der Bewegung aus chemischer Energie umwandelt, an einer Oberfläche entlangbewegen. Diese Motorproteine sind dafür zuständig, dass sich Zellen kontrahieren können und so unsere Muskelbewegungen entstehen können.

Forscher aus Deutschland haben vor Kurzem berichtet, dass sie einen molekularen Rotor bauen konnten, indem sie sich bewegende Moleküle durch ein winziges hexagonales Loch, das man als Nanopore bezeichnet, in ein dünnes Stück Silber gegeben haben. Die Position und Bewegung der Moleküle hat dazu geführt, dass sie wie ein Rotor um das Loch rotiert sind. Diese Art des Nanomotors könnte wiederum dazu genutzt werden, einen winzigen Roboter im Körper anzutreiben.

Kontrollierbare Nano-Raketen

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Raketen sind die schnellsten von Menschen geschaffenen Fahrzeuge, die sich frei durch das Universum bewegen können. Mehrere Gruppen von Forschern haben kürzlich eine ferngesteuerte Hochgeschwindigkeitsrakete in Nano-Größe konstruiert, indem sie Nanopartikel mit biologischen Molekülen kombiniert haben.

In einen Fall wurde der Rumpf der Rakete aus einem gold- und chrom-bezogenen Styroporkügelchen gebaut. Dieses wurde an vielen „katalytischen Motor-Molekülen“ mithilfe von DNA-Strängen befestigt. Wenn dieses nun in eine Wasserstoffperoxid-Lösung gegeben wurde, haben die Motormoleküle eine chemische Reaktion ausgelöst, die Sauerstoffblasen erzeugt hat, sodass sich die Rakete in die entgegengesetzte Richtung bewegt hat. Sobald man nun einen Strahl ultravioletten Lichtes auf eine Seite der Rakete gelassen hat, ist die DNA an dieser Stelle auseinandergebrochen, hat die Motorfunktion abgelöst und so die Richtung der Reise der Rakete geändert. Die Forscher hoffen, damit eine Rakete entwickeln zu können, die in jeder Umgebung eingesetzt werden kann, um zum Beispiel Medikamente in ein bestimmtes Körpergebiet zu bringen.

Magnetische Nano-Fahrzeuge, um Medikamente zu transportieren

Meine eigene Forschungsgruppe gehört zu denen, die an einem einfacheren Weg, Medikamente im Körper zu transportieren, arbeiten. Dies ist schon mit magnetischen Nanopartikeln gelungen: Hierbei werden Medikamente in eine magnetische Hüllenstruktur injiziert, die sich in Anwesenheit von Hitze oder Licht ausbreiten kann. Dadurch kann sie, sobald sie in den Körper eingeführt worden ist, mit Magneten ins Zielgebiet gelenkt und dann aktiviert werden, um sich auszubreiten und das Medikament freizusetzen.

Die Technologie wird auch für die medizinische Bildgebung erforscht. Nanopartikel herzustellen, die bestimmte Gewebe erreichen und den Körper mit Kernspintomographie (MRT) von innen scannen, könnten dabei helfen, Probleme wie Diabetes darzustellen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image „Kilobot Robot Swarm“ by asuscreative (CC by SA 4.0)


The Conversation

ist Dozent für Nano-Materialchemie an der „University of Central Lancashire“. Er leitet die „Nano-biomaterials Reserch group“, die sich auf nanomaterielle Forschung konzentriert und unter anderem Medikamententransport erforscht. Er ist außerdem Mitglied der Royal Society of Chemistry.


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