Erst ja, dann nein, dann vielleicht und nun doch. Nokia bringt ein Smartphone mit Android auf den Markt und Microsoft hat damit keine Probleme, ganz im Gegenteil. Nokia experimentiert schon lange mit Android als Betriebssystem für Smartphones herum, obwohl das finnische Unternehmen ein langjähriger und enger Partner für Microsofts Windows-Phone-OS war. Inzwischen übernimmt Microsoft die Mobilfunksparte von Nokia (http://www.mobilegeeks.de/microsoft-uebernimmt-das-smartphone-geschaeft-von-nokia/) und trotzdem stellt Nokia nun, einem Bericht des Wall Street Journals zufolge, Ende Februar auf dem Mobile World Congress in Barcelona mit dem Nokia X, ein Smartphone mit Android vor. Microsoft gibt für diesen Schritt überraschend grünes Licht.
Doch wie kann das sein? Wie kann Microsoft allen Ernstes dulden, dass auf Smartphones des künftigen eigenen Hardware-Herstellers nicht das eigene Betriebssystem läuft, sondern das des großen Konkurrenten Google?
Die Gründe sind relativ einfach. Das unter dem Codenamen Normandy entwickelte Android-Smartphone von Nokia macht den Windows-Phone-Geräten keine Konkurrenz, sondern diese vielmehr ergänzen. Das höchstwahrscheinlich als Nokia X erscheinende Smartphone ist in Sachen Leistung recht schwach ausgestattet und untertrifft die Mindestanforderungen von Windows Phone deutlich. Da liegt auch eines der Probleme von Microsofts mobilem Betriebssystem: Es zielt auf die gehobene Mittel- und Spitzenklasse ab, während günstige Einsteigergeräte zu schwach auf der Brust sind. Hier geht Microsoft allerdings viel Geld durch die Lappen, denn gerade der Einsteigerbereich auf dem Smartphone-Markt wächst gewaltig.
Statt nun an Windows Phone zu schrauben und die Mindestanforderungen so weit zu senken, bis auch schwache Hardware damit umgehen kann, setzt man lieber auf Android. Google hat mit Android 4.4 nämlich genau diesen Schritt vollzogen und das OS so weit abgespeckt, dass es auf Geräten mit geringer Ausstattung flüssig läuft.
Aber, spielt man der Konkurrenz nicht in die Karten, wenn man bei Microsoft auf Android setzt? Nein, denn die Android-Version auf dem Nokia-Smartphone wird sehr stark modifiziert und optisch am Windows-Phone-UI angelehnt. Dafür befreit Nokia Android von sämtlichen Google-Diensten und -Apps und setzt stattdessen die eigenen und Microsoft-Dienste – Sprich Outlook, Bing, Nokia Maps, Skype und so weiter – ein. Einen vergleichbaren Schritt ist auch Amazon mit den eigenen Kindle-Fire-Tablets gegangen, die allesamt auf die hauseigenen Dienste, samt App Store setzen.
Microsoft ist also in der Lage, auf diesem Weg, über Android und den nach wie vor begehrten Namen Nokia, ein ordentliches Stück vom Smartphone-Kuchen abzubekommen, indem man endlich das Low-Budget-Segment bedient. Aber das Nokia X wird noch einen anderen Effekt haben – vorausgesetzt die Rechnung geht auf und viele Menschen, vor allem in Schwellen und Entwicklungsländern greifen zu dem günstigen Nokia-Smartphone. Auf diesem Weg könnte Microsoft die Popularität der eigenen Dienste auf Mobile-Geräten stark erhöhen, was wiederum auch Windows Phone auf lange Sicht zu Gute kommen könnte. Microsoft setzt auf Markentreue – sollte genug Geld für ein leistungsstärkeres Smartphone vorhanden sein, greift der geneigte Käufer sicher eher zu dem Gerät, das ihm vertraut erscheint – was anhand der UI-Ähnlichkeiten und den vertrauten Services ein Windows Phone sein dürfte. Sollte der Plan aufgehen, ist der Preis, den Microsoft zahlen muss – nämlich den eigenen Stolz herunterzuschlucken und auf das Konkurrenz-OS zu setzen – ein kleiner.
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Schlagwörter: microsoft, nokia, Smartphone
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