No Comment – NPR deaktiviert Kommentarfelder unter den Artikeln

Demnächst wird es unter den Artikeln auf NPR.org nicht länger einen Kommentarbereich geben. NPR verkündete die Entscheidung vor wenigen Tagen in einem Blogeintrag mit der Erklärung, dass die Kommentarbereiche größtenteils verwaist sind, obwohl das Internetpublikum insgesamt über die Jahre stetig gewachsen ist. Nur ein Prozent von monatlich 25 bis 35 Millionen Lesern und Hörern hinterlassen einmalig Kommentare, die Anzahl regelmäßiger Verfasser von Kommentaren ist ebenfalls sehr gering. Stattdessen wendet sich NPR den sozialen Netzwerken zu – sowohl offiziell als auch über die privaten Profile seiner Journalisten – um mit seinem Publikum zu interagieren. Und das bedeutet, das Publikum auf den üblichen Plattformen wie Facebook (wo NPR mehr als fünf Millionen „Gefällt mir“ hat) und Twitter (mehr als sechs Millionen Follower) anzuziehen, sowie die Präsenz auf Snapchat, Instagram und Tumblr auszubauen. In dem Post hob Scott Montgomery, Redaktionsleiter für digitale Nachrichten, die NPR Facebook-Gruppe ‚Private Finances‘ hervor, die mittlerweile mehr als 18.000 Mitglieder aufweist. Weitere Bemühungen die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen, so schrieb Montgomery, haben den Kommentarbereich weniger nützlich werden lassen:

  • „Wir haben in den besonderen Bemühungen, das Interesse der Leser- und Zuhörerschaft mit dem Tiny Desk Contest und Generation Listen (Generation Hören)völlig neue Maßstäbe gesetzt. Es gab zum diesjährigen Tiny Desk Contest mehr als 6000 Einsendungen und die Welt hat Gewinnerin Gaelynn Lea kennen gelernt. In der Zwischenzeit besuchen unsere Journalisten regelmäßig Treffen von Generation Listen und stellen so in NPR-Radiostationen im ganzen Land die Verbindung zur nächsten Generation von Fans des öffentlichen Radios her.“
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  • „Bei uns widmet sich ein ganzes Team den Publikumsbeziehungen, welches jeden Monat tausende E-Mails von Hörern liest und persönlich beantwortet. Dieses unentbehrliche Forum begegnet Ihrem essenziellsten Feedback und Ihren Fragen und gibt uns einen Raum für gleichermaßen bedeutende Antworten. Unsere Seite help.npr.org operiert plattformübergreifend und ist jederzeit offen für Ihre Fragen und Anliegen.“
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  • „In den kommenden Wochen werden wir zusätzlich zur Weiterentwicklung unserer Herangehensweise in Bezug auf Live Interaktion auf Facebook beginnen, ein vielversprechendes neues Hilfsmittel zur Einbindung der Zuhörerschaft zu testen, das in den sozialen Medien bereits verwurzelt ist. Hearken ist eine digitale Plattform, die es den Journalisten und dem Publikum erlaubt, bei der Entwicklung von Ideen für Artikel als Partner zu agieren, und diese Plattform ist in Dutzenden von NPR-Radiostationen bereits in Gebrauch. Wir werden Hearken in unseren Goats and Soda Blog zu weltweiter Gesundheit und Entwicklung mit dem Potenzial für zukünftige Erweiterung involvieren.“

Zudem hat NPR in Elizabeth Jensen seine eigene Bürgerbeauftragte in Vollzeit, die dabei hilft, von Hörern angeschnittene Themen aufzugreifen. Selbstverständlich hat Jensen die Eliminierung der Kommentare abgewägt, in Erwartung einigen Widerstandes gegen die Tatsache, dass eine öffentliche Medienorganisation einen Kanal für öffentliche Beiträge entfernt. NPR benutzte die externe Plattform Disqus, ein System, das – so schrieb Jensen – „teurer wurde, je mehr Kommentare hinterlassen wurden, und innerhalb einiger Monate hat dies NPR zweimal mehr gekostet als im Budget veranschlagt„. In anderen Worten hat NPR die Kosten für eine kleine Gruppe von Menschen getragen, die nicht zwingend repräsentativ für das Gesamtpublikum waren: Nur 4300 Nutzer posteten je etwa 145 Kommentare, das sind etwa 67 Prozent aller auf NPR.org verfassten Kommentare innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten. Mehr als die Hälfte aller Kommentare von Mai, Juni und Juli zusammen stammten von lediglich 2600 Nutzern. Es ist nicht möglich, Aussagen darüber zu treffen, wer die Verfasser dieser Kommentare sind; manche Nutzer kommentieren anonym. Aber es gibt einige Anzeichen, die darauf hindeuten, dass die Kommentierenden nicht völlig repräsentativ für das Gesamtpublikum des NPR sind: Sie kommentieren mit großer Mehrheit über den Desktop (jüngere Nutzer neigen dazu, NPR.org per Handy aufzurufen) und eine Schätzung von Google legte Montgomery zufolge nahe, dass die Verfasser zu 83 Prozent männlich sind, während unter der Gesamtheit der Nutzer von NPR.org nur 52 Prozent männlich sind. Joel Sucherman, NPR Abteilungsdirektor für digitale Produkte, teilte Jensen zudem mit, dass die Leser von NPR.org mit großer Wahrscheinlichkeit „innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate neue Optionen sehen werden„. Auf Twitter wurde die Mitteilung überwiegend positiv begrüßt, obwohl manche Besorgnis über den wachsenden Einfluss sozialer Netzwerke äußerten. Die Kommentare unter Jensens und Montgomerys Posts sprechen jedoch so ziemlich für sich. Dieser Artikel erschien zuerst auf “Nieman Journalism Lab” unter CC BY-NC-SA 3.0 US. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) „NPR Building“ by Cliff (CC BY 2.0)


ist Redakteurin des NiemanLab. Vorher arbeitete sie in der Redaktion der Harvard University Press und berichtete für Boston.com und das New England Center for Investigative Reporting.


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