WordPress und die fehlende Qualitätskontrolle
Wie viele Blogs gibt es auf der Welt? Genau kann das keiner sagen, denn sie lassen sich kaum zählen. Jens Schröder hat es eine Weile lang versucht, doch dann damit aufgehört. Blogpulse ermittelt mehr als 160 Milionen Blogs weltweit.
Die Illusion der vielen Blogger
Eine Gruppe von Menschen, die doppelt so groß wie die Bevölkerung Deutschlands ist, scheint also ihre eigenen Medien zu haben, über die sie frei verfügen, bei denen Sie Verleger, Chefredakteur und Layouter zugleich sind…
Das ist leider zu schön um wahr zu sein. Ein großer Teil dieser Blogs sind tot bzw. sie haben nie angefangen zu leben. Es gibt nur eine Domain, auf der sich teilweise seit Jahren kein einziger Blogpost gezeigt hat.
Das Problem
Vor allem WordPress als wichtigster Bloghoster hat damit zu kämpfen. Wenn man sich einen generischen Begriff auf WordPress.com sichern will, merkt man bald: die wichtisten Domains sind schon vergeben. Es hat sie jedoch nicht etwa ein ambitionierter Blogger gesichert, der einfach schneller war. Nein, sie stehen einfach leer, seit Monaten, teilweise seit Jahren, viele schon seit 2005. Der einzige Text, der sich, meistens auf dem hellblauen Standard-Layout, findet, ist der automatische Eintrag:
„Hello World! Welcome to WordPress.com. This is your first post. Edit or delete it and start blogging!“
Die meistens dieser Subdomains beziehen sich auf Begriffe, die im Internet hart umkämpft sind: Arzt (http://arzt.wordpress.com/), Kredit (http://kredit.wordpress.com/), Partnersuche (http://partnersuche.wordpress.com/) etc. Für jemanden, der im Internet diese Produkte oder Dienstleistungen verkauft, kommen oft die meisten Besucher über Google. Die Frage, bei welchen Suchbegriffen man auf welchem Platz bei der Google-Suche aufgelistet wird, ist erfolgskritisch.
Da die Suchmaschinen-Algorithmen prominent berücksichtigen, welche Begriffe in den URLs enthalten sind, gibt es in allen Branchen einen Kampf um die knappen Domains. Sei es, um dort seinen Shop aufzusetzen oder ein Satellitenblog einzurichten, das auf den Shop verlinkt und dessen Google-Positionierung erhöht. Subdomains von Bloghostern bieten da eine Alternative, zudem noch eine, die meist kostenlos ist.
Für die, die einen WordPress.com-Blog gesichert haben, entstehen also keine Kosten, dafür besteht zumindest die Möglichkeit eines späteren Gewinns. Vielleicht könnte das Blog doch einmal noch genutzt werden, oder vielleicht fragt jemand an, ob er die Domain nicht gegen ein Entgelt übernehmen dürfte. Prinzipiell ist nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand einen Blog kommerziell nutzt. Einen Blog einfach nur zu halten, weil man die Domain parken will, ist hingegen eine Plage.
Was tun?
Wordpress.com als wichtigsten Bloghoster sollte diese Sache beschäftigen. Die ungenutzten One-Post-Wonder verstopfen die Blogosphäre. Doch eine Qualitätssicherung ist nicht sichtbar. Weder mithilfe von Algorithmen noch über die Mitarbeit von Freiwilligen tut WordPress etwas dagegen, nicht einmal in Ansätzen.
Dass in einem Blog seit sechs Jahren kein einziger Artikel erschien, dürfte von einem Algorithmus nicht schwer zu erkennen sein. Ergänzt werden könnte das durch menschliche Intelligenz, indem sich über Crowdsourcing freiwillige Mitglieder der WordPress-Community infrage kommende Blogs anschauen und gegebenenfalls eine Löschung beantragen oder durchsetzen. Solche kostenlosen Mitarbeiter zu finden, dürfte für WordPress aufgrund des sehr weit reichenden und nutzerfreundlichen Freemium-Modells nicht sonderlich schwierig sein.
Die Community und die Blogosphäre insgesamt würde davon sehr profitieren – und den Zahlen über Blogs könnte man wieder mehr trauen.
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Schlagwörter: blog, One-Post-Wonder
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