Zum Buch-Tausch ins Netz: Mit einer einer Website, mit der Nutzer auf der ganzen Welt auf einer interaktiven Karte öffentliche Bücherregale finden können.
Christian Nielebock hat mit OpenBookCase eine Webseite gegründet, mit der Nutzer auf der ganzen Welt auf einer interaktiven Karte öffentliche Bücherregale finden können. Das funktioniert im Prinzip wie eine Tauschbörse, auf der jeder Bücher einfach abgeben, tauschen oder mitnehmen kann.
Es war an einem Septembertag im Jahr 2013. Christian Nielebock stand gerade unter der Dusche, als ihm die Idee zu seiner Webseite kam. Davor hatte er schon seit einer Weile nach einem Platz in seiner Heimatstadt Frankfurt gesucht, an dem er seine alten Xbox-Spiele loswerden konnte. Doch der öffentliche Bücherschrank in Frankfurt akzeptierte keine Computerspiele oder Videos mehr.
Christian Nielebock machte sich also auf die Suche im Internet und fand erst eine Wikipedia-Liste von Bücherschränken in Deutschland, Österreich und der Schweiz und schließlich die Seite Tauschgnom.
Keine der beiden Lösungen überzeugte ihn so wirklich. Die Wikipedia-Liste wurde zwar von vielen in Foren von Thread zu Thread kopiert, doch schien das Ganze sehr umständlich und nicht besonders übersichtlich. Wer einen Bücherschrank finden wollte, musst sich mit der Liste erstmal selbst auf die Suche nach dem eigentlichen Ort des Schranks machen. Tauschgnom wiederum war zwar besser aufgestellt, aber auch hier sah Nielebock Verbesserungspotential: “Die haben zwar auch offene Bücherregale, allerdings ist es so, dass neue Einträge nur dort auf der Karte erscheinen, wenn man dem Admin eine Mail schreibt.”
Wenn aber beispielsweise ein Bücherschrank nicht mehr existiert oder die Öffnungszeiten ändert, kann es ein sehr langfristiger Prozess sein, bis Nutzer die Änderungen auch tatsächlich auf der Seite sehen können. Nach all diesen Recherchen erlebte Nielebock sein “Eureka!” unter der Dusche: Eine eigene Webseite musste her.
Ein Bücherschrank für alle
So machte sich der Softwareentwickler und Familienvater von drei Kindern also daran, seine eigene Webseite zu gründen: OpenBookCase erblickte das Licht der Welt. Das “Open” steht dabei für Open Source und Open Data, das war Christian Nielebock ganz wichtig. Jeder darf also die Daten der Seite benutzen, verändern und hat auch Zugriff darauf:
Wenn jemand einen Bücherschrank einträgt kann ein anderer ihn verändern. Er kann ein Bild dazu hochladen, kann die Daten aktualisieren, kann ihn zur Not auch löschen. Das mag am Anfang etwas riskant klingen, aber tollerweise klappt das super und keiner treibt Schindluder.
Nielebocks Idee der Share-Economy geht also auf. Doch bis das Projekt erst einmal so weit war, dauerte es noch eine Weile.
Von der Idee zum Erfolg
Im November 2013, zwei Monate nach seiner Dusch-Idee, stellte er sein Projekt zum ersten Mal öffentlich auf dem BarCamp in Dieburg vor. Zu diesem Zeitpunkt hatte er aus allen bekannten Listen eine Übersichtskarte von insgesamt 356 Bücherschränken erstellt. Nielebock wollte, dass Nutzer direkt auf der Karte sehen konnten, wo ein Bücherschrank in ihrer Nähe war. Dazu hatte er selbst in mühseliger Kleinarbeit zu allen ihm bekannten Schränken die Koordinaten herausgesucht, Bilder hochgeladen, Öffnungszeiten herausgefunden und all dies auf seiner Webseite eingetragen. Das Publikum war begeistert. Mit diesem guten Feedback präsentierte Nielebock schließlich das OpenBookCase-Projekt auf dem Webmonitor in Frankfurt.
Doch so begeistert die Community auch war, die Seite kam nur schleppend voran – bis Nielebock die Plattform Bookcrossing entdeckte. Hier schicken Nutzer Bücher auf Reisen um die ganze Welt und können anschließend beobachten, wer gerade in welcher Ecke des Globus ihr Buch liest.
Als Christian Nielebock den Nutzern von Bookcrossing die OpenBookCase Seite vorstellte, waren diese gleich Feuer und Flamme, sagt Nielebock: “Die Mitglieder waren begeistert, sie haben dann angefangen ihre Schränke einzutragen und da war ich dann ganz froh, dass es plötzlich 400 und 500 waren.”
Besonders viel Feedback kam aus Russland und Zentralasien sowie aus den Niederlanden. So kamen dann zwei Bookcrossing-Nutzer schließlich auch auf die Idee, OpenBookCase für Nielebock auf niederländisch und russisch zu übersetzen. So wurde aus der Idee von Christian Nielebock schließlich eine weltweit engagierte Community. Während die Karte in Europa und Asien gut gefüllt ist, fehlen derzeit Daten vor allem aus Amerika und Afrika. Mittlerweile sind aber über 2.000 offene Bücherschränke weltweit auf OpenBookCase zu finden.
Reale Welt trifft virtuelle Welt
Auf OpenBookCase treffen die Welt des Internets und die reale Welt aufeinander. Wer auf der Suche nach einem offenen Bücherschrank in seiner Stadt ist, entweder um Bücher abzugeben oder selbst einfach stöbern möchte, klickt sich also einfach auf OpenBookCase rein und kann über die Seite direkt einen Standort in seiner Nähe finden. Für Smartphones zeigt die Standort-Funktion den Nutzern direkt Bücherschränke in ihrer unmittelbaren Umgebung an. Nielebock möchte auch ein Navigationsprogramm einrichten, das die Nutzer dann direkt zu den Bücherschränken führen soll.
Mittlerweile hat Nielebock auch Give-Boxen und Umsonstläden in seine Karte mit eingefügt. Einige dieser offenen Tauschstände haben Paten, andere funktionieren als Selbstläufer – möglich gemacht durch das Engagement der Online-Community. Das hilft auch Christian Nielebock, der das Projekt alleine in seiner Freizeit bestreitet. An neuen Ideen für OpenBookCase fehlt es ihm dabei aber nicht.
Als nächstes möchte er eine Wunschliste einführen, ein Vorschlag seiner Frau. Nutzer sollen dabei auflisten können, wenn sie sich ein bestimmtes Buch wünschen. Andere Nutzer wiederum können diese Bücher dann in die Bücherschränke einstellen und so die Bücherwünsche erfüllen. Wer weiß, vielleicht kann Christian Nielebock diese Idee ja sogar noch passend zur Weihnachtszeit umsetzen.
Teaser & Image by Marinela Potor (Screenshots)
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Schlagwörter: bookcrossing, buch, Bücherregal, Christian Nielebock, Karte, lesen, open-source, openbookcase —