Es gibt Themen im Netz, die sind immer irgendwie präsent und trotzdem schwer zu fassen. Software-Patente gehören dazu. Vor einigen Wochen ist ein englischsprachiger Dokumentarfilm angetreten, das Thema auch Laien näher zu bringen: „Patent Absurdity„, veröffentlicht unter CC BY-ND. Wie jeder gute Dokumentarfilm versucht „Patent Absurdity“ nicht, Neutralität vorzugaukeln – hier ist klar, dass man auf Seite der Patente-Gegner ist. Aber worum geht es eigentlich? Ich habe mir für euch den Film angeschaut und meine Eindrücke aufgeschrieben.
Patent Absurdity: gute Einführung ins Thema mit vielen interessanten Gesprächspartnern, aber zu wenig emotionaler Strahlkraft
„Patent Absurdity“ setzt auf den berühmten „Bilski v. Kappos“-Fall, der vor dem Supreme Court 2010 verhandelt wurde. Es ging um ein Patent auf eine Geschäftsmethode, das aber große Auswirkungen auf die Software-Industrie gehabt hätte. Grundfrage ist, ob mathematische Prozesse, wie sie in der Programmierung vorkommen, überhaupt schützenswert sein sollen. Die Position der Filmemacher ist klar: Sie sollten es nicht, weil sie Werkzeuge zur Erreichung bestimmter Ziele sind und Patente technologischen Fortschritt aufhalten.
Der Film erläutert, wie Software-Patente zu Klagekriegen führten (übrigens schön visualisiert) und Unternehmen zwangen, Patente „for defensive reasons“ (James Bessen, 12:42) zu erwerben, um im Notfall zurückklagen zu können. Er berichtet von dem Problem, das kaum jemand abschätzen kann, wie weit ein bestimmtes Patent reicht. Und er spricht von der enormen Zahl von 200.000 Software-Patenten, die kaum jemand noch überblicken kann. Hinter all dem steht die Perspektive des Software-Entwicklers, der eine Idee für ein Programm hat – und der sich nicht davor schützen kann, irgendein Patent zu verletzen und angreifbar zu werden.
Das Schönste am Film kommt aber ganz am Ende, wenn gezeigt wird, welche Auswirkungen Patente auf die Musik gehabt hätten. Wenn immer mehr musikalische Elemente patentiert worden wären (etwa Akkordfolgen oder Besetzungen mit Instrumenten), würde Musik immer mehr zerstückelt werden – wie die Symphonie, die erhaben anfängt und schließlich immer mehr ihrer Bestandteile verliert. Das ist eindrucksvoll gemacht, und man wünscht sich, „Patent Absurdity“ würde noch mehr solcher Gestaltungsmittel finden. Sie machen das Thema plastisch und nachvollziehbar – während die vielen Interviews zwar aus erster Hand von den Problemen berichten, den Zuschauer aber nicht emotional packen. So bleibt „Patent Absurdity“ ein guter Film, dem es etwas an emotionaler Ansprache des unbedarften Zuschauers fehlt – schade, denn damit hätte er ein großer Film werden können.
Bildnachweis: Filmplakat steht unter CC BY-SA (Luca Lucarini) – und dieser Text damit auch.
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Schlagwörter: creative-commons, Dokumentarfilm, Film, Patent Absurdity, software, Software-Patente