Schulsport 2.0

Ein Uniprojekt will Podcasts und Co. als neue Lernmittel im Sportunterricht einsetzen.

 

„Ich hab´s gerade im Rücken“, oder „Ich habe mir gestern etwas gezerrt“, waren die beliebtesten Ausreden meiner Sportlehrer, wenn den Schülern einmal der optimale Reck-Unterschwung oder der Abgang vom Schwebebalken vorgeführt werden sollten. Also musste am Ende doch wieder der Klassenbeste ans Gerät und den anderen zeigen wie es geht. Wäre ich zehn Jahre später zur Schule gegangen, hätte das vielleicht schon ganz anders ausgesehen. Bald muss sich der Lehrer erst gar keine Ausreden mehr einfallen lassen, sondern klappt den Laptop auf und zeigt ganz einfach das passende Video zur Übung. Sportdidaktik 2.0 ist hier das neue Stichwort oder im universitären Fachjargon: „Das Web 2.0 in der Sportwissenschaft – Videopodcasting zur Darstellung und Nutzung von good practice in der theoretischen und praktischen Lehrerausbildung“.

Dieses Vorhaben mit dem umständlichen Namen ist kürzlich am Institut für Sportwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen ins Leben gerufen worden. Mit der Hilfe von Blogs, Podcasts und Wikis soll während des Projektes entsprechendes Material zu den verschiedensten Sportarten produziert werden. Dabei sollen den Studierenden nicht nur bereits bestehende Inhalte zur Verfügung gestellt werden, sondern auch vermittelt werden, wie man dieses Lehrmaterial produziert und im Sportunterricht einsetzt.

Ziel ist es, mit einer entsprechenden Materialsammlung später beispielsweise Fußballtechniken- und taktiken direkt auf dem Rasen einzusetzen oder dem Skifahrer im Sessellift noch einmal die Möglichkeit zu bieten, per iPod die Kurventechnik der Piste zu studieren. Teilnehmer von Sportkursen können sich über Weblogs oder Wikis über das Training, seine Wirkung und persönliche Fortschritte austauschen.

Das Projekt an der Uni Gießen ist Teil des Themenschwerpunktes „Neue Medienformen“ der multimedia-initiative hessen und wird vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und T-Systems mit 10.000 Euro gefördert.

Aber nicht nur die Uni ist auf diesem Feld aktiv. Auch für Nicht-Studenten gibt es im Netz bereits Möglichkeiten, die eigenen sportlichen Aktivitäten mit Hilfe von Web 2.0 Angeboten zu unterstützen, Taktiken und Methoden zu erlernen oder Trainingspläne zu erstellen.

Für alle, die schon so weit sind, ihr Wissen weiterzugeben, ist kudda geeignet. Eine amerikanische Sportplattform für Trainer, die u.a. eine große Auswahl an Videos bereit hält und die Möglichkeit bietet, Profile für die eigenen Teams einzurichten.

Wer nicht nur gerne selbst Sport schaut, sondern auch dabei beobachtet werden möchte, ist bei Trip Tracker Sportsmate richtig. Mit Hilfe von GPS, Satellitenfotos und Google Earth kann man die dort eingetragenen Sportler auf ihren Laufwegen, Wanderungen oder Fahrradtouren genau verfolgen. Darüber hinaus erhält man auf Wunsch auch eine Auswertung der Trainingsresultate.

Diverse Dienste bieten sportbegeisterten Menschen die Möglichkeit, Joggingrouten zu planen und genaue Streckenbeschreibungen zu erhalten. TrailRunner ist insbesondere für Langstreckensportler geeignet – egal ob diese laufen, wandern oder mit dem Fahrrad fahren wollen.

Ist der innere Schweinehund noch nicht ganz besiegt und wird noch ein wenig Motivation benötigt, gibt es zahlreiche Portale mit Community-Funktion. Trainingstagebuch.org ermöglicht nicht nur den Austausch mit anderen, sondern bietet dem Einzelnen auch noch die genaue Aufstellung und Auswertung des eigenen Trainingsplans an. In eine ähnliche Richtung geht FitundAttraktiv, das zusätzlich noch den Wettbewerb mit anderen in den Vordergrund stellt.

verbindet den Gedanken der Sport-Community mit Trainingsplänen und diversen Videos und ist damit eines der umfangreichsten Portale. Allerdings kostet das Ganze ein paar Dollar im Monat – wie im richtigen Fitnessstudio!

Das Mitmach-Netz ist also auch im Sport schon längst verbreitet. Dass Blogs, Podcasts und Wikis jetzt auch den Einzug in den Sportunterricht finden, freut sicherlich nicht nur die internetbegeisterten Schüler. Und alle, die der Schulzeit schon entfliehen konnten, haben nun wirklich keine Ausreden mehr. Im Netz finden sich nicht nur die Anleitungen zu 1000 und einer Sportart, sondern auch Motivationshilfen und diverse Gimmicks, die Bewegung in die Bewegung bringen sollten.

„Aber ich hab mir doch da gestern etwas gezerrt…“

Meike hat während des Studiums der Politikwissenschaft die digiatlen Potenziale für die Demokratie entdeckt und das Ganze u.a. mehrere Jahre in einer Public Affairs und PR-Agentur erprobt. Mittlerweile arbeitet sie im Kommunikationsbereich der Stiftung der Deutschen Wirtschaft und setzt dort Maßnahmen für verschiedene Bildungsprogramme um – digital und auch ganz klassisch, aber immer auf der Suche nach neuen Ideen und Entwicklungen.


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