Eigene Technik, fremder Content – die neue Produktstrategie von Shazam birgt jede Menge neue Probleme in sich, doch das Risiko könnte sich lohnen. // von Felicitas Hackmann
Rich Riley, seit 2013 CEO bei der Musikerkennungsapp Shazam, hat vergangene Woche beim Mobile World Congress und der Startup Konferenz 4YFN den Status Quo und die Zukunftspläne der App vorgestellt. Was technisch nach einen smarten Schritt aussieht, erntete im Publikum jedoch Kritik.
Shazam ist eine App, mit der Nutzer Musik erkennen und kaufen können. Das war jedenfalls der erste Schritt. Bei der 4YFN zeigte CEO Rich Riley, was die App sonst noch kann. „Alle leise und die App öffnen„, befiehlt Riley als er auf die Bühne kommt. Was die Shazam Nutzer als nächstes auf ihrem Smartphone sehen ist Rileys Visitenkarte. Passiert ist das mit Ultraschall, also einer Frequenz, die höher als 20 kHz ist, und damit für das menschliche Ohr nicht hörbar. Technisch wahrnehmbar sind sie allerdings schon.
Das ist jedoch nur eine Möglichkeit der Informationsweitergabe, die Shazam in Zukunft nutzen möchte. Mit Audio-Wassermarken sollen Songs oder zum Beispiel TV Spots markiert werden. Letzteres wird aktuell mit dem Jaguar F-Type probiert. Shazamt man den TV-Spot, bekommt man eine 360-Grad-Ansicht vom Innenraum des Fahrzeugs.
Natürlich ist Jaguar eine großartige Marke, ob sie allerdings die gleiche Zielgruppe hat wie Shazam, sei dahingestellt. Auf die Nachfrage dazu weicht Riley aus. Die Kernnutzerschaft sei zwischen 18 und 34 Jahren alt, erklärt er, aber Shazam sei eigentlich für jeden Smartphone-Nutzer gebaut. Ist ein Jaguar vermutlich auch.
Kritik zur neuen Werbeform kommt von einem französischen Konferenzteilnehmer aus dem Publikum. Er habe neulich einen Radio-Spot shazamt und wurde nur auf die Webseite des Werbers geführt. Das habe ihn unheimlich enttäuscht, denn es habe nichts mit dem gespielten Song zu tun gehabt und er habe auch nicht erfahren, wie der Song hieß. Damit wurde er von der ursprünglichen Funktion Shazams enttäuscht.
Unangenehm für den CEO, der versucht sich vorsichtig rauszureden. Doch was eigentlich klar wird, ist das Problem, das Tech-Firmen haben, wenn sie sich als Werbeplattform öffnen: Der Endnutzer wird nicht vom Werber, sondern von der Plattform enttäuscht.
Twitter, Facebook, eigentlich alle Plattformen, die Werbung zulassen, stehen vor dem Problem, dass sie den Inhalt der geschalteten Werbung nicht bestimmen können. Allerdings gibt es einen Unterschied: Bei Twitter und Facebook wird der Nutzer nicht aktiv aufgefordert, die Webseite/App zu nutzen. Um einen Spot shazamen zu können, wird ein Nutzer jedoch aktiv darauf angesprochen, die Shazam-App zu öffnen. Die Werbung ist nicht in einem normalen Stream miteingebunden.
Was nun also passieren kann, ist, dass Nutzer Shazam hin und wieder öffnen, in der Hoffnung von Inhalten mit Mehrwert überrascht zu werden und stattdessen totlangweilige Sachen angezeigt bekommen. Früher oder später werden Zuhörer dann nicht mehr auf die Aufforderung reagieren.
Shazam plant einen Deal à la ‘Jetzt shazamen und 20 Prozent Rabatt auf alles außer Tiernahrung erhalten’, oder zu bestimmten Jahreszeiten in Warenhäusern zu werben. Die Herausforderung für Werber ist, guten Content zu finden. Was bei QR-Codes nicht geklappt hat, könnte hier funktionieren, wenn die Zielgruppe Shazam eh schon nutzt und darum keine weitere App installieren muss.
Nach Unternehmensangaben hat die App über 100 Millionen monatliche Nutzer. Sollte Shazam es schaffen, nützlichen Content aufs Smartphone zu bringen, kann der Deal funktionieren.
Teaser & Image by Shazam
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