Seit einiger Zeit steht der Google Assistant für iOS auch in Apples App Store zum Download bereit – und damit auch in direkter Konkurrenz mit der Hausherrin Siri. Ich habe mir die beiden smarten Helfer auf dem iPhone im Vergleich angesehen und verrate euch, warum Siri oft einfach nicht sicher ist, ob sie das richtig verstanden hat.
Mit dem Google Assistant hat der Suchmaschinen-Riese im Jahr 2016 den Nachfolger von Google Now vorgestellt. Auf dem deutschen Markt ist die freundliche Google-Stimme erst im letzten Sommer erschienen. Im Gegensatz zur relativ starren Google-Now-Version soll der smarte Assistent von Nutzern lernen und Fragen in einen erweiterten Kontext setzen können. Damit ist Google der Konkurrenz aus Cupertino einen Schritt voraus. Auf der WWDC 2017 kündigte Apple eine ähnliche Lernfähigkeit für seine Siri an, die bereits im Jahr 2011 in der ersten Version der Öffentlichkeit präsentiert wurde.
Google Assistant für iOS sammelt eure Daten – gibt aber viel dafür zurück
Während Siri sich standardmäßig an Bord von Apple-Geräten befindet, kann der Google-Konkurrent namens Assistant kostenlos für iOS im App Store heruntergeladen werden. Mit Google Assistant für iOS durchbricht Google die Android-Gebundenheit der Sprachsteuerung. Der lernfähige Assistent benötigt auf dem iPhone oder iPad ein Google-Konto, um aktiviert zu werden. Nach der Installation der App lässt sich das Google-Konto entweder direkt erstellen oder – wie in meinem Fall – aus einer vorhandenen Liste auswählen, sofern das Google-Konto bereits mit dem iPhone verbunden wurde.
Im zweiten Schritt könnt ihr euch dazu entscheiden, E-Mail-Benachrichtigungen des Google Assistant zu erhalten. Hier sollen Neuigkeiten und Updates angekündigt werden. Standardmäßig habe ich diese Mail-Benachrichtigungen deaktiviert. Solltet ihr den Schieberegler nicht deaktiviert haben, habt ihr in den Einstellungsmöglichkeiten der App die Gelegenheit, das nachzuholen.
Nachdem ihr dem Google Assistant für iOS Zugriff auf euer Mikrofon ermöglicht habt, kann es auch schon losgehen mit der Sprachsteuerung. Diesen Schritt könnt ihr allerdings auch verweigern, da ihr den Google Assistant für iOS auch per Tastatur bedienen könnt. Bevor ich die lernfähige Sprachsteuerung mit Fragen und Anweisungen bombardiert habe, interessierte mich allerdings vor allem, auf welche Bereiche des iPhones der Google Assistant für iOS überhaupt zugreift.
Aktivitätseinstellungen verwalten lohnt sich
Innerhalb der App befinden sich oben rechts drei kleine Punkte, die die Einstellungen des Assistenten öffnen. Hier zeigt sich, welche Daten Google mithilfe meines iPhones sammelt. Der Menüpunkt „Geräte“ zeigt mein Smartphone an. Hier lässt sich einstellen, ob Google einen Standortverlauf erstellen darf, auch wenn der Google Assistant gerade nicht genutzt wird. Diese Einstellung habe ich Standardmäßig abgeschaltet.
Innerhalb der Aktivitätseinstellungen geht es in Sachen Datenschutz weiter. Google greift mithilfe eures iPhones und der Assistant-App auf folgende Aktivitäten zu:
- Web- und App-Aktivitäten
- Geräteinformationen
- Sprach- und Audioaktivitäten
- YouTube-Suchverlauf
- YouTube-Wiedergabeverlauf
- Google-Standortverlauf
Besonders interessant ist hier der Punkt „Sprach- und Audioaktivitäten“. Zwar hört Google nicht permanent mit, wenn diese Option aktiviert ist. Eure gesamten Spracheingaben in sämtlichen Google-Diensten werden allerdings aufgezeichnet und auf Googles Servern abgelegt. Ihr könnt unter myactivity.google.com all eure Spracheingaben detailliert und chronologisch sehen und diese sogar abspielen. Löschen könnt ihr die Daten an dieser Stelle übrigens auch.
Google sammelt in gewohnter Manier jede Menge eurer Daten. Das ist der Preis, den ihr für eine sehr ausgereifte Spracherkennungs-Software zahlen müsst. Die enge Verzahnung von Nutzer-Aktivitäten und Meta-Daten ermöglicht es dem Google Assistant für iOS nahezu perfekte Ergebnisse zu erzielen.
Siri versteht nix, Google Assistant liefert ab
Der Google Assistant für iOS ist nur aktiv, wenn die App geöffnet ist. Das ist etwas schade, da eine reine Sprachaktivierung sehr praktisch ist. Bereits meine erste Frage konnte der Google Assistant für iOS jedoch mit Bravour beantworten: „Ok, Google – Zugverbindung nach Köln“. Der Assistant benötigt für die Bearbeitung dieser Anfrage nur einen Bruchteil einer Sekunde und spuckt daraufhin mit sehr freundlicher Stimme meine ideale Zugverbindung inklusive Umsteigen und Anschlusszügen aus.
Um diesen Service nutzen zu können, müsst ihr übrigens die Standortfreigabe erteilt haben. Zum Vergleich: Die Antwort von Apples Siri auf die identische Frage nach einer Zugverbindung: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe“. Alles klar – danke, Siri. Eine Konkretisierung der Frage führte bei Siri lediglich zu einer Websuche, bei der mir dann überwiegend vermeintliche Angebote der Deutschen Bahn für Zugtickets angezeigt werden. Sehr frustrierend und absolut nicht zielführend.
Auf meine nächste Anweisung „Supermarkt in der Nähe“ schaffen es beide smarten Assistenten, mir einen echten Mehrwert zu bieten. Doch auch hier hat der Google Assistant für iOS die Nase vorn. Während Siri mir zwar über die Informationen aus Apple Karten die Geschäfte in der Nähe anzeigt, bekomme ich von Googles Konkurrenz in der selben Zeit auch noch Informationen zu den Öffnungszeiten. Siri zeigt mir lediglich in roter Schrift an, wenn ein Laden noch geschlossen ist. Wann dieser aufmacht, muss ich dann wohl selbst im Netz recherchieren.
Funktionalität auch ohne weitere Google-Apps
Gleich auf sind die beiden Sprachassistenten in Sachen Musik abspielen. Mit dem Unterscheid, dass der Google Assistant für iOS mir neben Apple Music auch YouTube als Medium anbietet. Das Anfordern des Wetterberichts, aktuelle Verkehrslagen und das Erstellen von E-Mails verlaufen bei Siri und Googles Assistant sehr ähnlich. Mit dem Unterschied, dass Google beispielsweise Erinnerungen in der eigenen Kalender-App sichert und eine Navigation mit Google Maps startet, anstatt mit Apples Karten-App. Ist die Google-Maps-App nicht installiert, öffnet der Google Assistant für iOS den Dienst in Safari. Das passiert auch, wenn ihr die Apps anderer Google-Dienste, wie Kalender, Übersetzer und Co. nicht installiert habt. Doch gerade durch die Verzahnung der Google-Dienste untereinander, macht der Assistant schon sehr viel Spaß. Sind Google-Apps installiert, werden Anweisungen deutlich schneller umgesetzt.
Im täglichen Umgang mit dem Google Assistant für iOS ist mir aufgefallen, wie viele Möglichkeiten Googles Sprachassistent eigentlich im Gegensatz zu Siri bietet. Trotz der eigentlich sehr guten Abstimmung innerhalb von iOS, scheint Siri im direkten Vergleich noch in den Kinderschuhen zu stecken. Siri kommt beinahe etwas versnobt rüber, da der Google Assistant für iOS sehr flott mit mir kommuniziert und mir manchmal sogar mit Emojis antwortet. Die iOS-App des Assistant ist wie eine Art Chat aufgebaut und es kommt ein persönlicheres Feeling rüber. Zudem verfügt Googles künstliche Intelligenz über einige interessante Gimmicks und Funktionen: So kann ich mir beispielsweise die Zeit mit einigen kleinen Chat-Spielchen versüßen.
Google Assistant für iOS überzeugt mit Charme
Bei den sogenannten Emoji-Rätseln gibt mir Googles KI einige Emojis vor, aus denen ich dann einen Film erkennen muss. Umgekehrt stellt mir der Google Assistant für iOS eine Aufgabe, das passende Emoji zu einer bestimmten Aussage zu finden. Alles in allem ist die Unterhaltungs-Seite von Googles KI wirklich sehr süß und detailverliebt programmiert worden. Der Assistant ist mir auf Anhieb „sympathischer“ als meine steife Siri, die zudem oft einfach noch nicht genug auf meine Bedürfnisse hinter den Fragen oder Anweisungen eingeht.
Sehr praktisch im Google Assistant für iOS sind außerdem die sogenannten Verknüpfungen. Ihr könnt in den Einstellungen festlegen, welche Aktion der Assistent bei bestimmten Worten oder Phrasen ausführen soll. So habt ihr beispielsweise die Möglichkeit beim Wort „Feierabend“ eine Nachricht verschicken zu lassen, dass ihr auf dem Heimweg seid. Den Möglichkeiten sind im Bereich „Verknüpfungen“ keine Grenzen gesetzt. Alle Funktionen des Google Assistant lassen sich mit Worten oder Sätzen verbinden. Zu diesen Funktionen zählen neben Erinnerungen erstellen oder Wetter-Auskünfte auch Features, die Siri noch nicht unterstützt:
- Nachrichten vorlesen lassen von präferierten Medien
- Tageszusammenfassung „Was steht an?“ mit Verkehrslage auf dem Weg zur Arbeitsstätte, Wetterbericht und Erinnerungen des Tages
- Einkaufsliste via Google Shoppinglist erstellen
Fazit: Siri verliert den direkten Vergleich – vorerst
Google Assistant für iOS hat mich mehr als überzeugt. War Siri bislang für mich nicht interessant, werde ich wohl mit Googles Alternative künftig mehr Sprachbefehle ins iPhone diktieren. Einziges und leider auch großes Manko ist, dass ich die Assistant-App öffnen muss, wenn ich plaudern will. Das ist ein Schritt, der dazu führen dürfte, dass ich den Kalendereintrag schnell selbst anlege oder die Nachricht selbst tippe. Einzig beim Suchen von Zugverbindungen ist der Google Assistant für iOS trotz öffnen der App noch schneller als die DB-App.
Bei vielen Suchanfragen, die Google mit Bravour beantwortet, weiß Siri oft einfach nicht, ob sie alles richtig verstanden hat. Das ist frustrierend. Es lässt sich aber darauf zurückführen, dass Google ein beeindruckendes Netzwerk von Diensten kreiert hat, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. Das fehlt bei Apples Sprachassistentin bisweilen noch. Ein Lichtblick für Siri ist allerdings iOS 11. Apple hatte während der WWDC bereits gravierende Änderungen für die smarte Assistentin angekündigt. Auch Siri soll künftig lernfähig sein und noch bessere Ergebnisse liefern.
Der Text erschien zuerst bei den Applepiloten.
Teaser Image by Berti Kolbow-Lehradt
Screenshots by Julia Froolyks
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Schlagwörter: Apple Siri, Assistant für iOS, Google Assistant, Google Befehle, Hey Siri, iOS, Okay Google, Siri, Smartphone, Sprachassistenten