Moderne Technik ist in vielen Schulen noch ein großes Fremdwort. Idealzustand und Realität liegen heute noch meilenweit auseinander. Nicht so an der Friedrich-Staedtler-Grundschule in Nürnberg. Dort hat das mittelständische Software-Unternehmen „SoftMaker“ zu Beginn des Schuljahres in einem Pilotprojekt zwei Klassen mit insgesamt 60 Android-Tablets, der nötigen Infrastruktur, Lernsoftware sowie dem hauseigenen Office-Programm kostenlos ausgestattet. Und mithilfe der Netsupport-Software haben die Lehrerinnen und Lehrer stets im Blick, was die Schüler gerade so auf ihren Tablets treiben. Die Arbeit mit den Tablets dient vor allem der Vertiefung bereits bekannter Lerninhalte. Laut „SoftMaker“ bemerkten die beiden verantwortlichen Lehrerinnen eine Leistungssteigerung bei den Schülern. Das wissenschaftlich begleitete Projekt wurde von Eltern, Lehrern, Schulleitung und auch Schülern begeistert aufgenommen. Also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten? Wir haben mit SoftMaker-Gründer und -Geschäftsführer Martin Kotulla darüber gesprochen, warum seine Firma digitale Bildung unterstützt, wie das Projekt funktioniert und ob digitale Kompetenzen in Deutschland ausreichend gefördert werden.
Robert Meyer (RM): Herr Kotulla, warum unterstützt SoftMaker Schulen mit kostenlosen Programmen und die Friedrich-Staedtler-Grundschule mit Tablets?
Martin Kotulla (MK): Für SoftMaker war und ist die Unterstützung des Bildungsbereichs schon lange ein wichtiges Anliegen: Wir waren bereits im Jahr 1997 eine der ersten Software-Firmen, die Bildungseinrichtungen ihre Programme zu einem deutlich niedrigeren Preis oder sogar kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Daran hat sich seither nichts geändert. In das Tablet-Projekt sind wir so ein bisschen hineingeschlittert. Eigentlich wollten wir Schulen nur unser Office-Paket bereitstellen. Wir bieten seit einigen Monaten unsere Office-Software unter Windows für Schulen und Lehrkräfte kostenlos an. Der nächste Schritt war die Ausweitung auf Tablets. Wir haben dann aber gesehen, dass kaum eine Schule die passende Hardware dafür hat. Daraufhin haben wir ein Sponsoring-Projekt zusammengestellt, um der Schule etwas Gutes zu tun.
RM: Das Projekt ist laut SoftMaker bisher einmalig in Deutschland. Was ist das Besondere daran? Was hebt es von anderen digitalen Bildungsprojekten ab?
MK: Viele reden – wir haben ein Projekt auch durchgezogen. Natürlich hatten wir uns vorab informiert, welche anderen vergleichbaren Projekte es bereits gibt. Da hörten wir: „Ihr seid ja gar nicht die Ersten. Die oder die Schule hat das auch schon gemacht!“ Dann fragten wir bei den Schulen an und hörten wiederholt, dass die Projekte, die dort angeblich existieren sollen, oft noch im Planungsstadium sind. Eine Besonderheit des Projekts ist, dass es sich gezielt an die bislang vernachlässigten Grundschulen richtet, in späteren Jahrgängen hat sich der Computereinsatz längst bewährt. Dieses Projekt bietet Kindern frühzeitig die Chance, unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern ihre schulische Leistung zu verbessern und gleichzeitig Spaß mit Tablets zu haben. In diesem Alter wird die Mediennutzung geprägt. Wer in diesem Alter lernt, dass ein Tablet kein reines Konsumgerät ist, kann sein ganzes Leben lang davon profitieren.
RM: Was erwarten Sie sich von der Bildungsförderung, die sie betreiben? Ist das im Endeffekt der Wille, sein eigenes Produkt bekannter zu machen?
MK: In erster Linie geht es uns darum, unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Firma ernsthaft nachzukommen. Wir wollen dazu beitragen, optimale Voraussetzungen für das Lernen der Schüler zu schaffen. Zugleich wollen wir Schulen ermutigen und sie dabei unterstützen, allgemeine Computerkenntnisse zu vermitteln – nicht nur speziell die Produkte einer einzigen Firma zu schulen. Insofern profitieren die Bildungseinrichtungen wie wir als Softwarefirma gleichermaßen – eine klassische Win-win-Situation.
RM: Das Projekt wird wissenschaftlich von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg begleitet. Auf welche Fragen will man Antworten finden?
MK: Das Projekt soll aus pädagogischer Sicht folgende Fragen beantworten: Wie reagieren die Schüler darauf? Kommen alle Schüler damit zurecht? Gibt es Schüler, die außen vor sind? Werden in Zukunft verstärkt immer mehr Computer und Tablets in Klassen eingesetzt? Gibt es Schüler, die dann hintenüberfallen? Versuchen die Schüler, Sachen zu nutzen, die nicht freigegeben sind?
RM: In welchen Bereichen lassen sich die Tablets wirklich als Stütze für den Unterricht einsetzen?
MK: Nehmen wir zum Beispiel den Heimat- und Sachunterricht. Die Schüler können auf den Schulhof gehen und sich eine Pflanze nehmen, fotografieren und dann versuchen, über das Internet zu bestimmen, was für eine Pflanze das ist. Klärungsbedarf besteht zudem aus wissenschaftlicher Sicht, welche Voraussetzungen seitens der Lehrkräfte gegeben sein müssen: Inwieweit müssen die Lehrer trainiert werden? Wie müssen sie vorgebildet sein? Welche Voraussetzungen müssen die Lehrkräfte erfüllen? Wie sorgt man dafür, dass so ein Projekt, das ja doch eine Stange Geld kostet, eben nicht dazu führt, dass die Tablets nach drei Wochen irgendwo in der Ecke liegen, sondern wirklich gut in den Unterricht eingebaut werden, sodass Schüler und Lehrkräfte etwas davon haben?
RM: Wurden die Lehrkräfte in das Projekt eingeführt oder ging das von selbst?
MK: Wir haben wiederholt mit ihnen gesprochen. Das Projekt und die Ideen dahinter wurden vorgestellt und es hat eine intensive Diskussion stattgefunden. Die Software-Auswahl haben die beiden sehr engagierten Lehrerinnen vorgenommen. Wir haben nicht vorgegeben, welche Software genommen werden soll. Wir von „SoftMaker“ haben den administrativen Teil übernommen. Wir sind die Computerfirma, damit kennen wir uns natürlich besser aus. Wir haben die „Netsupport“-Software installiert, mit der die Fernsteuerung und Administration möglich ist, aber auch die Antivirus-Software und die Firewall. Das war natürlich auch eine Forderung der Schule, die vermeiden wollte, dass die Schüler wild auf Facebook posten. Also es war letztlich ein gegenseitiges Geben und Nehmen, ein gegenseitiges Befruchten. Die Lehrerinnen haben auch sehr viel private Zeit eingesetzt, um die Geräte kennenzulernen, die Software auszusuchen und sie in das Unterrichtskonzept einzubauen. Beide Lehrerinnen haben sich großes Lob verdient. Die machen das sehr, sehr gut.
RM: Oft sind Lehrer digital nicht versiert genug, um digitale Kompetenzen zu vermitteln. Hätte das Projekt mit jeder Lehrkraft stattfinden können?
MK: Jeder Lehrer kann heutzutage zumindest mit einem Computer umgehen. Es hätte natürlich auch mit anderen Lehrern funktioniert. So ein Projekt ist auch an anderen Orten machbar, mit anderen Lehrern. Es muss einfach der Wille und die Freude dazu da sein, etwas Neues auszuprobieren.
RM: Was passiert nach dem Schuljahr mit dem Projekt?
MK: Das Projekt wird auf jeden Fall fortgesetzt. Es kommen neue Schüler, Klassen und Lehrer. Die Bereitschaft dazu ist da. Es ist schon als Dauerprojekt gedacht.
RM: Sind denn jetzt schon weitere Projekte für die Zukunft geplant?
MK: Wir wollen erst mal das Projekt an der Friedrich-Staedtler-Grundschule weiterführen. Wir sind auch gespannt zu sehen, wie lange die Geräte insgesamt durchhalten werden, ob man die Geräte jetzt wirklich über einen Zeitraum von fünf Jahren einsetzen kann oder sie bereits vorher kaputt sind. Wenn sich andere Schulen und Sponsoren finden, beispielsweise Tablet- oder Computer-Hersteller, dann sind wir auch gerne bereit, die Software bereitzustellen. Für uns als mittelständiges Unternehmen ist das Tablet-Projekt in Nürnberg schon ein Ausnahme-Projekt. Die Bereitstellung der Software für Schulen und für Lehrer geschieht dagegen weiterhin weltweit. Im Einzelfall unterstützen wir auch künftig gezielt einzelne Bildungsprojekte auf allen Kontinenten.
RM: Ist es nicht eigentlich auch Aufgabe des Staates, die Schulen digital auszurüsten? Warum müssen Sie das machen?
MK: Der Staat gibt viel Geld für viele Dinge aus. Und für die Bildung bleibt immer zu wenig übrig. Ich habe mal einen Aufruf von einer Schule in Nürnberg gesehen, die um Geld gebettelt hat, damit sie endlich ihre Fenster reparieren kann.
RM: Wie reagieren Sie auf kritische Stimmen, die vor einem zu großen Einfluss von Unternehmen auf öffentliche Bildungseinrichtungen sprechen?
MK: Niemand will in Deutschland Verhältnisse wie in den USA, wo im Klassenzimmer massiv Werbung stattfindet. Wo dann am besten noch Rechenaufgaben gestellt werden wie: „Wie viel Coca-Cola passt in welchen Behälter rein?“ Das ist nicht Sinn der Sache. Wir machen ja auch keine Werbung im Klassenzimmer. Wir stellen Tablets bereit. Da wird nicht groß auf „SoftMaker“ hingewiesen, sondern die Schüler lernen damit. Es geht nicht um Werbung im Klassenzimmer, sondern nur darum, diese spezielle Schule hier zu unterstützen und alle Schulen langfristig zu erinnern: Ihr sollt allgemein an Computer heranführen und nicht speziell eine Firma bevorzugen.
RM: Glauben Sie, dass die Schülerinnen und Schüler in Deutschland gut genug auf die digitale Welt vorbereitet werden?
MK: Bis jetzt noch nicht. Da muss man natürlich aufpassen. Man will die Kinder ja grundsätzlich nicht sechs Stunden am Tag nur vor dem Computer sitzen lassen. Aber es geht darum, dass der Computer ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Lebens, des Privatlebens und des Berufslebens ist. Er sollte in vernünftigen Umfang auch in der Schule zum Einsatz kommen. Dank der hervorragenden Kooperation mit den zwei Lehrkräften, der Schulleitung und der Stadt Nürnberg ist genau das jetzt im Rahmen des Pilotprojekts möglich.
Image Portrait by Martin Kotulla
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Schlagwörter: bildung, Computereinsatz, Gadgets, Nürnberg, Office-Software, Schulen, SoftMaker, Tablets, Tech, Windows, Zeitgeist
2 comments
Eine sehr lobenswerte Aktion wie ich finde – mal wieder! Ich nutze SoftMaker Office schon seit langem plattformübergreifend und schnappe deshalb immer wieder mal News und Infos auf. Die Firma macht seit Jahren vieles in Richtung Bildungsförderung, etwa durch kostenlose Verteilung ihrer Officepakete an Schulen, Unis und Lehrer, oder durch die alljährliche Benefizaktion „Load & Help“, wo viele tausend Euro von SoftMaker an Hilfsprojekte gespendet wurden, vieles davon zugunsten des Bildungsbereichs.