Flexibilität ist ein in der Wirtschaft zurzeit sehr nachgefragter Status, den vor allem größere Unternehmen nur noch sehr schwer erreichen und deshalb neidisch auf wesentlich agiler agierenden Startups schauen, bevor sie dann manchmal einfach aufkaufen. Doch wie wir arbeiten, und das trifft oft auch auf Startups zu, ist oft von dem Wesen her überhaupt nicht flexibel.
Das zeigt sich schon bei der Inneneinrichtung. Höhenverstellbare Tisch und andere Lösungen, um beispielsweise im Stehen zu arbeiten, werden oft aus Unwissenheit über die Vorteile erst gar nicht nachgefragt oder überhaupt angeboten. Oft liegt es natürlich an den Kosten für neue Möbel, aber noch öfters fehlt ein Bewusstsein für das Thema und der Wunsch nach Veränderung.
An diesem Punkt setzt ein Startup namens Stehaufmaennchen aus Niedersachsen an. Der Name erklärt das Konzept ziemlich gut (wenn auch nicht gerade geschlechtsneutral.) Es handelt sich bei dem gleichnamigen Produkt um eine flexible Tischerhöhung aus Wellpappe, die den Arbeitsalltag mit wenigen Handgriffen erleichtern soll.
Einer der beiden Gründer, Jannik Schäfer, hat mir vor ein paar Wochen ein Testgerät ins St. Oberholz vorbei gebracht, damit wir unserer Community die Möglichkeit bieten können, flexibel auch einmal im Stehen zu arbeiten. Inzwischen haben wir sechs Stehaufmaennchen an unseren beiden Standorten im Einsatz und auch schon einen Café-Gast gehabt, der damit arbeiten wollte.
Wie bist du auf diese Produktidee gekommen?
Es gibt, denke ich, einige Produkte auf dem Markt, die sich mit dem Stehen am Arbeitsplatz befassen. Im Zuge dessen haben wir uns gefragt, wie können wir so etwas, was sich schon auf dem Markt befindet, aus einer anderen Materialität schaffen und mehr Flexibilität gewinnen. So entstand die Idee Pappe zu nutzen.
Und den Wunsch, auch im Stehen zu arbeiten, konntest du gleich nachvollziehen?
Ja, denn der Wunsch nach dem Arbeiten im Stehen ist eine Sache von Bewegung verbunden mit der Frage: Wie frei kann ich mich am Arbeitsplatz bewegen?. Um das zu verstehen, muss man nicht schon seit Jahren in einem Büro arbeiten. Es ging aber auch darum, ein Problem für ein Startup zu finden, dass lösbar ist.
Was war das Problem, dass ihr gesehen habt?
Rückenschmerz ist für die meisten Menschen fast schon ein Synonym für den Arbeitsalltag. Mein Mitgründer Johannes Meisenheimer und ich haben uns gefragt, wie flexibel und dynamisch man eigentlich heutzutage arbeiten kann und daraufhin ein Produkt in diese Richtung weitergedacht.
Jannik kommt aus der Nähe von Frankfurt/Main, Johannes ist in der Nähe von Osnabrück aufgewachsen, wo die beiden ihr Produkt aus einer Garage heraus verkaufen. Sehr romantisch für zwei Männer mit einem Abschluss in International Business Management Studies. Die beiden Gründer haben sich beim Studium im holländischen Groningen kennengelernt.
Nach ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt in Irland und Hamburg, haben sich die beiden für die Gründung ihres Startups zusammengeschlossen. In dieser Zeit ist die Idee für „Stehaufmaennchen“ geboren und weitergedacht worden. Anfang dieses Jahres haben die Beiden begonnen erste Prototypen zu bauen. Wie man laut der Theorie ein Unternehmen führt, wissen sie, der Rest ist learning by doing wie Jannik es formuliert. Ähnlich ist es beim übergeordneten Thema – Gesundheit am Arbeitsplatz, der Kontext in dem man ein Produkt wie das Stefaufmaennchen betrachten muss.
Welche Rolle spielt außeruniversitäres Wissen für eure Produktentwicklung?
Wissen anzuhäufen ist ein enorm wichtiges Thema. Wir haben im Zuge der Wissensbeschaffung einige Unternehmen befragt: Wie steht es bei euch um das Thema Ergonomie? Wie arbeiten eure Mitarbeiter? Bietet ihr schon Möglichkeiten für mehr Bewegung im Arbeitsalltag? – Beispielsweise im Bereich des Mittelstands, der für uns von großem Interesse ist, oft eine Frage der Ressourcen. der, eher so, dass wir die Ressourcen gar nicht haben? So rückte das Thema Ergonomie für uns in den Vordergrund.
Wir haben viel im Internet recherchiert und einige interessante Lösungen gesehen, wie Leute sich einen eigenen Standing Desk zusammengebaut haben, beispielsweise mit einem Stapel Bücher oder einem alten Karton. Das haben wir dann versucht zu verstehen, weiterentwickelt und uns über Möglichkeiten einer Umsetzung informiert.
Welche Vorteile bietet einem das Stehaufmaennchen?
Der größte Vorteil ist die Flexibilität. Es lässt sich sekundenschnell aufbauen und zusammengefaltet wieder zur Seite stellen. Dieser Ansatz entspricht voll dem heutigen Gedanken vom flexiblen Arbeiten. Gerade in Coworking Spaces, die Menschen helfen ortsunabhängiger zu arbeiten, ist Flexibilität, ein essentieller Wert den wir durch das Angebot unseres Produkts vor Ort erweitern wollen.
Und das Potenzial geht drüber noch hinaus. Vielleicht haben wir den richtigen Einsatzbereich noch gar nicht gefunden. Es könnten Coworking Spaces sein, weshalb wir das Stehaufmaennchen auch im St. Oberholz gern getestet sehen, aber auch Bibliotheken oder Universitäten. Eigentlich jeder Ort, an dem ein Mensch sich bewegen kann, um nicht nur statisch sitzend seiner Arbeit nachzugehen.
Noch ist „Stehaufmaennchen“ ein sehr junges Startup, dass ein erstes Produkt auf den Markt gebracht hat, welches sogar einen leicht zu verstehenden Sinn erfüllt. Damit haben die beiden Gründer vielen anderen Startups schon einmal etwas voraus. „Wir sind momentan noch bei Version 1.0“, erklärt Jannik, zeigt sich aber zugleich auch sehr zufrieden mit dem bereits erreichten. Wie eines Tages Version 2.0 aussehen wird, ob es aus einem anderen Material als Pappe und vielleicht sogar noch flexibler sein wird, ist ungewiss.
Image by Tobias Schwarz (CC BY 4.0)
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Schlagwörter: Arbeitsplatz, Coworking Space, Jannik Schäfer, Johannes Meisenheimer, St. Oberholz, Standing Desk, startup, Stehaufmaennchen