Vom Leben im Flat-Modus Die Erde ist eine Scheibe – The World is Flat! Dass das nicht stimmt, wissen wir inzwischen. Dennoch ist die Welt (im nicht-geo-physischen Sinne verstanden) irgendwie inzwischen sehr flat. Hier meine Geschichte dazu: Seit März diesen Jahres bin ich Besitzer einer Bahncard 100 für die zweite Klasse, ganz gerne auch als die kleine Mehdorn-Flat bezeichnet. Mal abgesehen vom Preis von 3500 Euro ist das eine der besten Erfindungen seit es Schokolade gibt. Zum Bahnhof gehen, einsteigen, losfahren, irgendwann ankommen und nicht groß ans Ticketziehen denken oder in der Schlange am Schalter stehen zu müssen. Im Gegenteil: Zugang zur DB-Lounge (Lounge-Flat) mit kostenlose Toiletten (Toiletten-Flat), Kalt- und Heißgetränke inklusive (alkoholfreie Sauf-Flat), im Sommer gibts Eis für alle (ICE-Flat), viel bedrucktes totes Holz (Medien-Flat) und magentafarbene Hotspots und Arbeitsplätze (Internet-Flat). Und: Für ein paar lächerliche Euronen extra im Jahr gibt es dann noch die Call-a-Bike-Flat dazu. Mehr mobil zum Flattarif geht kaum, denn im Bahnhof darf man zusätzlich so viel Laufen wie man will – auch das zum Flattarif. Apropos mobil: Das gute alte Internet begleitet mich inzwischen auch zum Rundumsorglos-Paket-Flat-Preis von T-Mobile in Form eines iPhones im XXXXXXXXL-Complete-Tarif. Mails checken, surfen, twittern, qiken, last.fm-men, googlemappen etc. Vorbei sind die Zeiten, wo einem das Surfen via Handy dollarzeichengeformte Schweißperlen auf die Stirn zauberte. Wenn da nicht der Preis wäre: 89 Euro im Monat. Aber dafür gibt es ja dann die bereits erwähnte magentafarbene Hotspotflatrate inklusive. Wobei, war das überhaupt eine Flat? Egal! Ob bei Starbucks, McDonalds, im Bahnhof, Hotel, Flughafen oder im ICE: Surfen bis der Arzt, das Funkloch oder ein Tunnel kommt – Die Flat macht’s möglich! Apropos Internet und Telefonieren: Seit wir zu Hause eine Festnetzflat mit daran gekoppelter DSL 16.000-Internetflat haben liegt die Telefonrechnung bei konstanten 50 Euro – wobei das nicht ganz stimmt: Denn im magentafarbenen Kleingedruckten stand drin, dass die Festnetz-Flat nur für das magentafarbene Netz gilt. Nuja, Pech jehabt! In 24 Monaten dann eben eine echte Flatrate ordern. Zum Glück gabs dafür die T-Online Hotspot-Flatrate (eine Echte!) mit dazu. Ob bei Starbucks, McDonalds, im Bahnhof, Hotel, Flughafen oder im ICE: Surfen bis der Arzt, das Funkloch oder ein Tunnel kommt – Die Flat macht’s möglich! (siehe oben). Apropos die Flat macht’s möglich: Beim iPhone der ersten Generation gab es keine Möglichkeit (zumindest keine mir bekannte legale) die Datenflat des Tarifs zum Beispiel mit dem eigenen Laptop zu koppeln. Um auch die letzte Versorgungslücke in der mobilen „Freiheit“ zu schließen, wenn die anderen Flats versagten, musste noch eine UMTS-Datenflat her. Moobicent, 39 Euro im Monat und Kündungsrecht nach vier Monaten. Damit war dann der perpetual Flat-Modus in meinem Leben reingehackt. Wenn, ja, wenn da der Preis nicht wäre. Erkaufte Freiheit, die eigentlich gar keine mehr ist. Die Freiheit nehm ich mir….. Apropos: Die Freiheit nehm ich mir…: Nach dem Motto agiert seit geraumer Zeit mein DHL-Paket-Lieferant, wenn er mir meine Amazon-Päckchen zustellt. Denn obwohl ich die Amazon-Prime „wir-liefern-alles-zum-Nulltarif-für-einmalig-29-Euro-im-Jahr-Zustell-Flatrate“ nutze, stopft er den offenbar schon vorher ausgefüllten orangefarbenen Abholzettel in den Briefkasten ohne sich die Mühe zu machen die Klingel zu betätigen. Die Amazon-Flat beinhaltet also eine Flat zum In-die-Abholstation-Laufen. Da das in der Regel eine Postfiliale ist, bekommt man gratis (als Teil der Amazon-Flat???) von irgendwie gar nicht beamtig gekleideten Beamten Postgiro-Plus-Tagesgeld-Broking-Kredit-Konten-Führungsgebühren-Flats angeboten. Apropos Angebot: Auch im kulinarischen Bereich machen sich die Flat-Tarife breit. Allerdings tragen sie Decknamen wie „all you can eat“ oder „all inclusive“ (gesprochen: oal innklusiff und nicht alllll – wie in Weltall – innkluhsiieeeeeeffffff). Nur die ganz Mutigen trauen sich auf die ganz unverholen angekündigten Flatrate-Partys und saufen bis sie flat sind. Da lobe ich mir doch, dass ich persönlich lieber auf den Wochenmarkt gehe, mir mein Obst, Gemüse, Fleisch etc. abwiegen lasse, mir eine schöne Flasche Rotwein dazu kaufe und jeweils einen individuellen Preis dafür bezahle. Der Marktschreier der letztens kurz vor Marktende schrie: „2 Kopp Salat, ’n Kilo Erdbeeren, 5 Zuschieniiieeee – alles ’n Euroooooooo!“ hat mich dann aber doch irritiert. Apropos irritiert: Wie leben die Leserinnen und Leser dieser Zeilen mit Flats? Wie irrtiert oder fasnziniert seid Ihr von der Flat-Welt? Erfahrungen bitte in die Kommentare! p.s. 1: Apropos „Wenn da nicht der Preis wäre…“: Wenn man mal zusammen zählt wofür und wieviel Geld man im Leben so für Flat-Irgendwas ausgibt und dem gegenüber stellt, wie intensiv man die Flat dann tatsächlich nutzt, bricht das Weltbild von der flatten Erde ratzfatz in sich zusammen. p.s. 2:
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Schlagwörter: bahncard100, flat, flatrate, hotspot, t-mobile, weltbild
5 comments
Das spannende an Flatrats finde ich vor allem, wie sie das Verhalten ändern. Sobald man eine Flatrate hat (sei es nun für die Bahn oder die Online-Zeit) fängt man an, das Mittel, das einem nun unbegrenzt zur Verfügung steht, komplett anders einzusetzen. Zeit und Kosten sind plötzlich kein Faktor mehr. Statt es ständig auszunutzen und zu übertreiben, denkt man über die Verwendung gar nicht mehr nach.
Ja, die Erfahrung habe ich auch gemacht. Da beim zugfahren z.B. der ganze Prozess des Suchens, Buchens, Kaufens etc. wegfällt und man eigentlich nur noch kurz auf den Fahrplan (per Handy) schauen muss, nimmt das Reisen eine neue Dimension an. Die Bewusstheit einer Zugreise ist für mich fast vollkommen verschwunden. Da ich gut arbeiten kann im Zug, ist es wirklich wie in einem Büro. Eine andere Erfahrung ist aber auch, dass so manche Flat zwar das „Denken“ an die Kosten verschwinden lässt, man aber bei genauerer Betrachtung nicht unbedingt günstiger damit „fährt“.
Die beste Flat, die ich bisher erlebt habe, war die Essensflat in einem Vergnügungspark. Für 10 € extra konnte man so viel essen wie man wollte – vorausgesetzt, es handelte sich um Fritten oder Softeis. Statt 3 € für eine Portion Fritten, ein Softeis und Spaß dabei also 10 für unendlich Fritten, unendlich Softeis und garantierten Bauchschmerzen.