Wir alle hinterlassen zahllose Spuren im Netz. Ein gefundenes Fressen für die Datenkraken der Geheimdienste und globalen Web-Unternehmen. Das Tool Trackography visualisiert die Wege der weltweiten Tracking-Industrie. // von Jan Voß
Selbst der britische Guardian, der durch Veröffentlichungen über die Datensammlungen der NSA und des GCHQ weltweit für Aufsehen sorgte, gewährt ungewöhnlich vielen Drittanbietern Zugriff auf die Daten seiner LeserInnen. Dies berichtete jüngst die taz und warf wieder einmal die Frage auf: Wer sammelt alles Daten von NutzerInnen? Aus welchem Grund und was geschieht damit?
Diese Fragen stellte sich auch das Team von Tactical Tech Collective vor einiger Zeit und präsentierte sein Projekt Trackography auf der 31. Chaos Computer Convention.
Die Macher von Trackography haben es sich zum Ziel gesetzt, UserInnen durch Visualisierung deutlich zu machen, was Tracking im Internet bedeutet. Exemplarisch für die Nutzung haben Sie dabei Newsseiten ausgewählt, die von vielen Menschen Tag für Tag besucht werden. Die Sammlung von Daten zeigt den Zugriff von Unternehmen, die mit diesen Daten arbeiten können, ohne dass die NutzerInnen jemals davon erfahren. Vergleichbar mit einem Schatten von Menschen, über den diese auch keine Kontrolle haben, nennt Trackography diese „Datenschatten„. Trackography zeigt, welche Wege die Daten der NutzerInnen nehmen, wenn sie Nachrichtenseiten lesen: welche Länder, welche Server und welche Unternehmen wissen, für welche Nachrichten man sich interessiert.
Auf Trackography können NutzerInnen angeben, in welchem Land sie welche Medien- und Nachrichtenseiten lesen und anschließend auf einer Weltkarte mitverfolgen, wie sich ihre Informationen durchs Netz bewegen. Die Datenverfolgung geschieht nicht in Echtzeit, sondern wurde zuvor von Freiwilligen in verschiedenen Ländern durchgeführt und aufgezeichnet.
Bei Zeit Online gibt es 28 unbeabsichtigte Verbindungen
Greift ein User aus Deutschland beispielsweise auf die Internetseite der Wochenzeitung Die Zeit zu, werden die Daten auch über Server geleitet, die in Großbritannien angesiedelt sind. Insgesamt greifen zwölf weitere Unternehmen auf die Daten zu, ohne dass der Nutzer dies autorisiert hat oder davon etwas mitbekommt. Insgesamt zählt Trackography 28 unbeabsichtigte Verbindungen bei einem Seitenaufruf.
Anschließend werden alle Unternehmen, die Zugriff auf die NutzerInnendaten erhalten , in einer Tabelle aufgelistet. Zudem erfährt man, in welchem Land die Tracker sitzen; welche und ob dort überhaupt nationale Datenschutzgesetze gelten; ob Profile mit den Daten gebildet werden und ob die Dienste die Initiative „Do not Track“ unterstützen. Auch wie lange Daten gespeichert werden und ob sie an Dritte weitergegeben werden, lässt sich der Tabelle entnehmen.
Bei den Daten handelt es sich um Informationen über den benutzten Browser, das Surfverhalten, den Gerätetyp und verschiedenes mehr, das ausreicht, um die NutzerInnen persönlich identifizeren zu können.
Auf der Seite „Meet the Trackers“ informiert das Team über die Hintergründe der Datensammlungen. Es wird nicht nur dargelegt, über welche Wege die Verfolgung möglich ist – durch eingebettete Bilder oder Codes auf der Seite-, es werden auch einige Gründe dafür aufgelistet, warum die Unternehmen die Daten sammeln.
Das Projekt befindet sich derzeit noch im Beta-Stadium und wird um weitere fehlende Länder und Informationen über Tracker ergänzt. Doch bereits jetzt konnten die Entwickler eine Übersicht über die größten Datensammler weltweit präsentieren. In fast allen Ländern, mit nicht einmal einer Handvoll Ausnahmen, rangiert Google auf Platz 1, bekannt auch dafür, Daten an die NSA weiterzugeben.
Doch das Team von Trackography zeigt nicht nur die Probleme von Datenspuren und ohne unser Wissen mitlesenden Unternehmen (und damit wahrscheinlich auch Geheimdiensten) auf. Es bietet Erklärungen über die Sachverhalte und Hintergründe an und stellt Programme und Lösungen vor, um sich der ungewollten Überwachung zu entziehen. Es wird eine ganze Bandbreite an hilfreichen Programmen und Informationen zur Verfügung gestellt. Da sich das Projekt noch in der Entwicklung befindet, werden aktuell noch Daten aus weiteren Ländern benötigt. Wer sich als Freiwilliger daran beteiligen möchte, kann dies hier tun.
Weder hat Trackography eine Universallösung für das Problem der unbemerkten Datensammlung noch hat das Projekt den Anspruch auf Vollständigkeit. Das Tool kann jedoch ein erster Schritt sein, um UserInnen die Zustände der Datensammlung und Verfolgung im Netz aufzuzeigen und Hilfestellungen zu leisten, um sich gegen ungewollte und unbemerkte Überwachung zu schützen.
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Schlagwörter: Datenschutz, Geheimdienste, tracking, Trackography, ueberwachung