Transhumanismus einfach erklärt

Der Begriff mag auf den ersten Blick kompliziert und abstrakt wirken, doch eigentlich ist die Kernidee des Transhumanismus einfach erklärt: Es geht darum, wie wir Menschen Technologie nutzen können, um uns selbst zu verbessern und die Grenzen unserer natürlichen Fähigkeiten zu erweitern.

Mit den technischen Fortschritten der letzten Jahre wird Transhumanismus dabei zunehmend relevanter. Von künstlichen Prothesen über gentechnische Veränderungen bis hin zur künstlichen Intelligenz – viele Entwicklungen, die einst als Science Fiction galten, sind heute real oder zumindest greifbar nah.

Dieser Artikel erklärt die Grundidee, des Transhumanismus, der mehr eine Ideologie ist als eine Technologie-Sparte. Darum zeigen wir euch neben den Vorteilen und Chancen auch die größten Kritikpunkte des Transhumanismus.

Transhumanismus – einfach erklärt

Der menschliche Körper hat seine Grenzen. Diese sind zwar bei jedem anders, können aber irgendwann selbst mit dem besten Training nicht überwunden werden. Transhumanismus ist eine Philosophie und eine Bewegung, die davon ausgeht, dass wir Menschen durch den Einsatz von Technologie unsere körperlichen, aber auch geistigen Grenzen überwinden können.

Das Wort „Transhumanismus“ setzt sich aus den Begriffen „trans“ (über, hinaus) und „Humanismus“ zusammen. Es geht also darum, über das hinauszugehen, was es bedeutet, menschlich zu sein, indem wir uns mit Hilfe von Technologie weiterentwickeln.

Brillen, Hörgeräte und Prothesen sind bereits Teil des transhumanistischen Denken. Sie überwinden durch Technologie Grenzen, die vor allem durch körperliche Einschränkungen Einfluss auf die Lebensqualität haben. Die Idee des Transhumanismus denkt aber auch noch einen Schritt weiter. Technologie soll den Menschen nicht nur Defizite ausgleichen, sondern den Menschen über seinen gesunden Optimalzustand hinaus verbessern.

Im Kern dreht sich der Transhumanismus also um die Frage: Wie können wir Technologie nutzen, um die Grenzen des Menschseins zu erweitern? Es geht darum, neue Möglichkeiten zu schaffen, die uns stärker, klüger und gesünder machen, als es die Natur allein könnte.

Ideen des Transhumanismus

Neben dem generellen Streben den Mensch zu verbessern gibt es auch einige Ideen, die Transhumanisten besonders verfolgen. Dabei geht es weniger darum, dass diese bereits mit der heutigen Technik realisierbar sind, sondern sie irgendwann realisierbar zu machen. Entsprechend stark will der Transhumanismus die Forschung fördern, um einige ihrer Ziele zu verwirklichen.

Verlängertes / ewiges Leben

Ein zentraler Gedanke im Transhumanismus ist unsere Gesundheit. Technologien wie Gentechnik, regenerative Medizin und Nanotechnologie sollen künftig jede Krankheit und damit auch etwa den Krebs und die Demenz besiegen. Doch die verbesserte Gesundheit soll nicht nur für ein längeres Leben sorgen.

Während wir traditionell den Alterungsprozess als etwas unvermeidliches betrachten, sieht der Transhumanismus Altern als ein Problem, das gelöst werden kann. Ziel ist es, am Ende den Alterungsprozess zu stoppen oder den Körper durch die angekurbelte Zellernerneuerung sogar zu verjüngen.

Digitalisiertes Bewusstsein

Die Digitalisierung des eigenen Bewusstseins schlägt in eine ähnliche Kerbe, allerdings abseits des medizinischen Aspekts. Stattdessen geht es darum unser eigenes Bewusstsein in die Cloud zu laden. Damit soll auch der Tod durch äußere Umstände, etwa einen Unfall, nicht das Ende der Existenz bedeuten. Wir könnte in einer digitalen Welt weiterleben oder unser Bewusstsein in einen künstlichen Körper übertragen lassen.

Das künstliche Bewusstsein ist mittlerweile auch Thema moderner Science Fiction. So beschäftigt sich damit die dritte Staffel des erfolgreichen Animes Sword Art Online. Besonders zentral ist das Thema auch in der leider nach einer Staffel abgesetzten Serien Caprica. Dabei handelt es sich übrigens um ein Prequel zum Science Fiction Epos Battlestar Galactica.

Cyborgisierung

Eine weitere zentrale Idee des Transhumanismus ist die Verschmelzung von Mensch und Maschine, manchmal auch als „Cyborgisierung“ bezeichnet. Hierbei geht es darum, wie Technologie direkt in den menschlichen Körper integriert werden kann, um unsere Fähigkeiten zu erweitern. Dies könnte durch implantierte Mikrochips, Prothesen, die durch Gedanken gesteuert werden, oder sogar durch direkte Gehirn-Computer-Schnittstellen geschehen. Diese Technologien ermöglichen es uns, die Grenzen des Menschseins zu überschreiten, indem wir Fähigkeiten erlangen, die natürlicherweise nicht möglich wären, wie z.B. das Hören von Ultraschall oder das direkte Abrufen von Informationen aus dem Internet durch Gedanken.

Technologische Beispiele des Transhumanismus

Der Transhumanismus ist keine bloße Theorie oder Philosophie – viele der Ideen und Konzepte werden bereits durch aktuelle technologische Entwicklungen in die Realität umgesetzt. Diese Technologien sind oft die ersten Schritte auf dem Weg zu den weitreichenden Zielen des Transhumanismus. Hier sind einige der wichtigsten technologischen Beispiele, die den Grundgedanken des Transhumanismus einfach erklären:

Gentechnologie

Die Gentechnologie ermöglicht es Wissenschaftlern, das Erbgut von Lebewesen zu verändern. Dies kann genutzt werden, um genetische Krankheiten zu heilen oder das Potenzial des menschlichen Körpers zu erweitern. Ein bekanntes Beispiel ist CRISPR-Cas9, ein Werkzeug, mit dem gezielt DNA-Sequenzen bearbeitet werden können.

In der transhumanistischen Vision könnte die Gentechnologie genutzt werden, um Menschen gegen Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer zu immunisieren, die Lebensspanne zu verlängern oder sogar die Intelligenz und körperliche Stärke von Menschen zu erhöhen. Gentechnologie stellt somit eine Schlüsseltechnologie dar, um den Menschen über seine natürlichen Grenzen hinaus zu verbessern.

Prothetik

Prothetik ist die Wissenschaft und Technik der Entwicklung künstlicher Körperteile, die natürliche Gliedmaßen ersetzen. Moderne Prothesen haben sich dabei schon weit vom Holzbein entfernt. Sie sind High-Tech-Geräte, die die Funktionalität des menschlichen Körpers verbessern können. Sie können immer besser Muskelsignale auswerten oder teilweise sogar schon eine Art Gedankensteuerung nutzen.

Mittlerweile arbeiten Forscher sogar an sensorischem Feedback, sodass der Träger Temperatur oder Druck spüren kann. In einer transhumanistischen Zukunft könnten Prothesen sogar einen Schritt weitergehen und Fähigkeiten hinzuzufügen, die Menschen normalerweise nicht besitzen. Denkbar sind dabei etwa Augenprothesen die uns ermöglichen im Dunkeln zu sehen oder getreu einer Kamera „reinzuzoomen“.

Gehirn-Computer-Schnittstellen

Gehirn-Computer-Schnittstellen (BCIs) sind Technologien, die es ermöglichen, das Gehirn direkt mit einem Computer zu verbinden. BCIs haben das Potenzial, Gedanken in Befehle für Computer oder Maschinen umzusetzen, was revolutionäre Möglichkeiten eröffnet.

Ein Beispiel ist die Forschung von Elon Musks Unternehmen Neuralink, das daran arbeitet, Implantate zu entwickeln, die es Menschen ermöglichen könnten, Informationen direkt in ihre Gehirne herunterzuladen oder mit Computern zu kommunizieren, ohne traditionelle Eingabegeräte zu nutzen. Kürzlich soll bereits dem 2. Menschen ein solcher Chip eingesetzt worden sein. Laut Musk läuft das Experiment positiv. 2024 sollen noch 8 weitere Gehirnchips von Neuralink implantiert werden.

Künstliche Intelligenz im Alltag

Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht und ist bereits ein fester Bestandteil unseres Alltags. Nach den ersten massentauglichen Sprachassistenten wie Siri oder Alexa, halten nun fortschrittlichere Chat-KIs wie ChatGPT Einzug und ermöglichen eine sehr natürliche Verständigung zwischen Mensch und Maschine.

Im transhumanistischen Kontext könnte KI jedoch viel weiter gehen. Zukünftige KI-Systeme könnten komplexe Entscheidungen treffen, persönliche Assistenten werden, die uns in allen Lebensbereichen unterstützen, oder sogar als Mentoren fungieren, die unser Lernen und unsere Entwicklung fördern. Die Vorstellung reicht von KI-gestützten Diagnosen in der Medizin bis hin zu autonomen Fahrzeugen, die sicherer und effizienter sind als menschliche Fahrer. Sogar in politische Entscheidungen könnte die KI künftig eingebunden werden.

Vorteile des Transhumanismus

Einer der unmittelbarsten Vorteile des Transhumanismus ist die potenzielle Verbesserung der Lebensqualität. Durch den Einsatz von Technologien wie Prothesen, Gehirn-Computer-Schnittstellen und gentechnischen Eingriffen könnten Menschen, die an Krankheiten oder Behinderungen leiden, ein normales oder sogar überdurchschnittliches Leben führen. Beispielsweise könnten Menschen mit schweren körperlichen Einschränkungen durch fortschrittliche Prothesen wieder laufen, greifen oder sehen lernen. Diese Technologien haben das Potenzial, das Leben von Millionen von Menschen zu verbessern und ihnen Fähigkeiten zu verleihen, die sie sonst vielleicht nie gehabt hätten.

Darüber hinaus hat der Transhumanismus sehr viel technologische Zugkraft. Unter dieser Philosophie ist es sowohl wichtig die technologische Entwicklung voranzutreiben, als auch die technologische Bildung. Wirtschaftlich gesehen könnte eine transhumanistisch geprägte Politik damit auch die Zukunftsfähigkeit eines Landes mit beeinflussen.

Schattenseiten des Transhumanismus

Der Transhumanismus hat aber auch viele Schattenseiten, die nicht verschwiegen werden dürfen. So stellt sich unter anderem die grundlegende Frage, ob es moralisch vertretbar ist, die natürlichen Grenzen des Menschseins zu überschreiten. Insbesondere die Möglichkeit, das menschliche Erbgut zu verändern oder das Bewusstsein in digitale Form zu übertragen, wirft schwierige ethische Fragen auf: Was bedeutet es, menschlich zu sein? Ist es ethisch vertretbar, das Leben künstlich zu verlängern oder sogar den Tod zu überwinden?

Ein weiterer bedeutender Kritikpunkt am Transhumanismus betrifft die Frage der sozialen Gerechtigkeit. Wie stellt man sicher, dass der Zugang zu diesen Verbesserungen allen Bevölkerungsschichten zugänglich ist? Reiche Menschen könnten sich diese Technologien leisten und so ihre Lebensqualität und Lebensdauer erheblich verbessern, während ärmere Bevölkerungsgruppen davon ausgeschlossen bleiben. Dies könnte zu einer neuen Form der sozialen Ungleichheit führen, in der die Reichen nicht nur materiell, sondern auch körperlich und geistig überlegen sind. Die Frage, wie diese Technologien gerecht verteilt werden können, ist eine der größten Herausforderungen für den Transhumanismus.

Und selbst in der „perfekt“ gedachten Zukunft einer komplett transhumanistischen Gesellschaft: Was für Auswirkungen hätte die Quasi-Unsterblichkeit auf Familienkonzepte? Wie divers ist eine Gesellschaft in der jeder „Makel“ beseitigt wird? Und was ist mit denen, die sich bewusst dagegen entscheiden?

Doch sogar der Weg in diese Zukunft ist voller Ungewissheiten. Schon jetzt ist es schwierig vorauszusehen, welche Folgen die aktuellen KI-Entwicklungen haben und wann eine KI sich dann doch in irgendeiner Form der menschlichen Kontrolle entzieht.

Ist Transhumanismus die Zukunft?

Auf den ersten Blick ist der Transhumanismus so zukunftsgerichtet wie kaum eine andere Ideologie. Alles zielt darauf ab Technologie voranzubringen, um mit dieser das Leben der Menschen und den Menschen selbst zu verbessern. Die Ziele an sich klingen gut, doch der Weg dorthin ist ein ziemlich radikaler. Mögliche Probleme auf den Weg zur besseren Zukunft werden dabei ebenso ausgeblendet wie die Probleme die danach entstehen können.

Welche Auswirkungen gelebter Transhumanismus hat lässt sich aber schwer erahnen. Bislang gibt es kein Land mit einer Regierung die einen transhumanistischem Fokus hat. Die Partei der Humanisten konnte zwar sowohl bei der Bundestagswahl und der Europawahl eine Steigerung in ihren zwei Teilnahmen erreichen, konnte aber nur 0,2 Prozent bei ihrem besten Wahlergebnis erreichen.


Image via ChatGPT

Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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