Was hinter dem digitalen Trend der DIY-Putzmittel steckt

Der DIY-Trend im Internet scheint vor nichts mehr Halt zu machen. Der Selbermach-Hype hat nun sogar das Putzen erreicht. Mittlerweile ist der Trend so beliebt, dass nun erste Startups mit dem Thema Geld verdienen möchten.

Allzweckreiniger selber machen”, „Natürliche Putzmittel, die wirken“ oder auch „Bio-Putzmittel DIY“ – das sind nur einige der vielen Themen, die sich aktuell auf Blogs und YouTube-Kanälen zum Thema DIY-Putzmittel finden.

Richtig gelesen – DIY Putzen. Während das Schrubben von Küchenoberflächen oder das Reinigen des Klos für viele von uns eine lästige Alltagsaufgabe ist, gibt es eine wachsende Gruppe von jungen Menschen, die das Putzen als Lifestyle-Thema betrachten. Sie schreiben darüber eifrig im Internet, geben nützliche Tipps und drehen sogar Videos. Im Mittelpunkt steht dabei immer eins: Putzmittel selber machen statt kaufen.

DIY-Putzmittel machen glücklich

Da geht es beispielsweise um Geschirrspülmittel aus Äpfeln und Zitronen. Um Natron als Backofenreiniger oder sogar darum, wie man die selbstgemachten Reinigungsmittel stilvoll beschriften kann. Ganz klar: Der DIY-Trend im Netz verbreitet sich immer weiter. Er ist vom Kochen, über Handarbeiten und Kosmetik, nun sogar bei Reinigungsprodukten gelandet.

Ann Futterman Collier
Ann Futterman Collier (Psychologie-Professorin und Autorin); Image by Ann Futterman Collier

Die Psychologie-Professorin und Autorin mehrerer wissenschaftlicher Studien, Dr. Ann Futterman Collier, glaubt bezüglich des DIY-Trends, dass dahinter eine Kombination aus Glaubensvorstellungen, persönlicher Überzeugung und schlichtem Spaß am Austausch steckt. Gegenüber den Netzpiloten sagt sie: „Ich könnte mir vorstellen, dass diese Menschen sich einfach mit anderen über gemeinsame Werte und Interessen austauschen möchten. Dieser soziale Austausch hat viele psychologische und gesundheitliche Vorteile. Wenn die DIY-Putzer nicht nur selbst ihre Reinigungsmittel herstellen, sondern darüber auch noch bloggen oder vloggen, verstärken sich die emotionalen Vorteile.“

Die DIY-Putzer sind also kreativ, können beim Mixen ihrer Reinigungsmittel auch mal abschalten und entspannen. Außerdem tun sie dabei noch etwas Gutes für die Umwelt sowie ihren Haushalt. Wenn sie darüber hinaus im Internet Gleichgesinnte finden, ist das umso erfüllender. DIY-Putzmittel machen also glücklich.

Die Null-Müll-Generation

Es sind – das dürfte nicht zu sehr überraschen – vor allem Frauen, die sich mit dem Thema im Netz beschäftigen. Erstaunlicherweise handelt es sich bei den meisten Anhängerinnen der DIY-Putzmittel aber nicht um die klassische Hausfrau über 40. Es ist vor allem die junge Generation der Millennials, die sich über die besten Reinigungstipps zum Selbermachen austauschen. Das liegt allerdings nicht nur daran, dass diese Altersgruppe besonders viel im Internet unterwegs ist. Dahinter steckt auch ein genereller Lifestyle-Trend, für den sich gerade diese Generation begeistert: Zero Waste.

Zero Waste steht ganz platt übersetzt für „Null Müll“ und ist eigentlich keine neue Bewegung. Sie hat aber vor allem durch das Internet 2.0 frischen Schwung bekommen. Dahinter steckt die Idee, möglichst ressourcen- und umweltschonend zu leben und dabei so wenig Müll wie möglich zu produzieren.

Beim Putzen kommen mehrere Faktoren zusammen

Da ist nämlich einmal die hohe Anzahl von Putzmitteln und Utensilien. Diese geht vom Badreiniger über den Ceranfeldreiniger bis hin zu fünf verschiedenen Reinigungsmitteln für den Fußboden. Hinzu kommt die unendlich erscheinende Anzahl an Putzlappen, für jede nur vorstellbare Gelegenheit. Der Müllgedanke ist also klar. Je mehr Putzmittel wir haben, desto mehr Müll produzieren wir auch. Kein Wunder, dass immer mehr Supermärkte auf verpackungsfreie Ware im Sortiment setzen.

Der zweite Faktor, der Umweltgedanke, bezieht sich neben dem Abfall auch auf die chemische Zusammensetzung von Reinigungsprodukten. Ähnlich wie auch beim DIY-Trend in der Kosmetik macht sich die junge Generation Gedanken über die Inhaltsstoffe. Wie schädlich sind die Produkte eigentlich für die Haut? Ist es sicher, die Chemikalien auf Haushaltsgegenstände zu geben? Und was passiert eigentlich mit all den Giftstoffen, die nach dem Putzen zum Beispiel übers Abwasser wieder in unserer Umwelt landen?

Damit hängt auch der dritte Punkt, das Schonen von Ressourcen, eng zusammen. Anstatt mit hohem Energieaufwand schädliche Reinigungsprodukte aus wertvollen Rohstoffen zu produzieren, mixt man sich die Zutaten zum Putzen einfach aus Haushaltsmitteln und Bio-Produkten selbst.

Immer weniger junge Menschen sind offenbar bereit, gedankenlos die Reinigungsprodukte aus den Drogeriemärkten zu nutzen. Stattdessen machen sie diese lieber selbst. Mit natürlichen Zutaten wie Zitronen, Apfelessig oder Orangen. Was vielleicht ein wenig altbacken wirkt und ein bisschen an „Omas Rezepte“ erinnert, begeistert gerade die DIY-Putzfans sehr. Auch die Minimalismus-Bewegung spricht der DIY-Trend an. Denn anstatt mit 20 verschiedenen Reinigungsprodukten, kann man im Prinzip mit fünf Zutaten auskommen.

Sicherlich spielt es dabei auch eine Rolle, dass die Reinigungsmittel in ihrer Masse auch viel Geld kosten. Der Spar-Effekt ist laut Ann Futterman Collier zwar nicht der wichtigste Punkt beim DIY-Trend, schadet aber mit Sicherheit auch nicht.

Mit dem guten Gewissen gutes Geld verdienen

Ann Futterman Collier gibt dabei zu bedenken, dass man nicht alle DIY-Trends über einen Kamm scheren kann. Während beispielsweise bei den Hobbyköchen oder DIY-Hausdekorierern der Spaß und die Selbstverwirklichung wichtiger ist als der Umweltaspekt, sieht dies beim Putzen etwas anders aus. Hier scheint ein Anti-Konsum-Bewusstsein, gepaart mit Minimalismus und grünem Lebensstil, neben dem Spaß am Selbermachen eine größere Rolle zu spielen. So vereinbart der digitale DIY-Putztrend vielmehr Selbstverwirklichung sowie Austausch mit Gleichgesinnten. Und das mit gutem Gewissen. Mit diesem guten Gewissen lässt sich aber auch gutes Geld verdienen. Wie das beispielsweise bei Handarbeiten oder bei Kosmetik geht, haben Unternehmen wie DaWanda im Modebereich oder Paulas Choice bei Kosmetika hinlänglich bewiesen.

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Das erweiterte Sauberkasten Set „Sauberkasten Premium“; Image by Sauberkasten

Sauberkasten als Vorreiter auf dem Markt für DIY-Putzmittel

Wie dies wiederum beim DIY-Putzen funktionieren könnte, will nun das deutsche Startup „Sauberkasten“ als eines der allerersten Unternehmen weltweit in diesem Bereich vormachen. Sauberkasten vertreibt ein Putz-Kit, welches aus sechs Zutaten, zehn Rezepten und einigen Utensilien besteht. In diesem Basis-Set (Kostenfaktor: 35 Euro) werden unter anderem Zutaten wie Natron, Zitronensäure, Essigessenz, Kernseife und ätherische Öle geliefert. Dazu kommen Hilfsmittel wie Messlöffel, eine Messtasse, Etiketten und natürlich die Rezeptkarte. Daraus lassen sich angeblich zehn Reiniger mixen. Darüber hinaus gibt es die erweiterten Sets „Sauberkasten Klassik“ und „Sauberkasten Premium“, sowie weitere Rezepte und Utensilien, die man im Online-Shop bestellen kann. All das wird natürlich verpackungsarm verschickt. Die Zutaten selbst sind in Altpapier-Verpackungen und kommen in einem Holzkorb zum Kunden.

Hinter Sauberkasten stecken die beiden Gründerinnen Jeanette Schmidt und Henriette Grewling. Ihr Konzept reiht sich nahtlos in die Zero-Waste-Bewegung mit ein. „Unsere Vision ist es, diese unnützen Stoffe aus dem Haushalt zu verbannen“, schreiben sie auf ihrer Webseite. Ob das Prinzip „Sauberkasten“ zum Geldverdienen wirklich aufgeht, muss sich natürlich noch zeigen.

Ann Futterman Collier glaubt aber nicht, dass es sich bei den DIY-Reinigungsmitteln lediglich um einen kurzweiligen Hype handelt. „Es ist vielleicht nicht so sehr eine Modeerscheinung wie vielmehr etwas, das Menschen Spaß und Freude bereitet und ihnen neue Energie verleiht.


Images by Sauberkasten

Portraitfoto by Ann Futterman Collier


begann ihren journalistischen Werdegang bei kleinen Lokalzeitungen und arbeitete dann während ihres Studiums als Reporterin für den Universitätsradiosender. Ihr Volontariat machte sie bei Radio Jade in Wilhelmshaven. Seit 2010 hat sie ihren Rucksack gepackt und bereist seitdem rastlos die Welt – und berichtet als freie Journalistin darüber. Über alle „inoffiziellen“ Geschichten schreibt sie in ihrem eigenen Blog fest. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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5 comments

  1. Pui, wer dieses Starter-Paket benötigt… Na meinetwegen. Ich habe vergangenes Jahr dieses Buch http://bit.ly/5_Hausmittel geschenkt bekommen und bin damit absolut gut bedient. Man rührt die Seife einmal ordentlich an und kann daraus viele andere Sachen zaubern: Spülmittel, Handseife, Duschgel u. v. m. Für viele andere Dinge benötigt man gerade mal Soda oder auch nur Natron und ein wenig Essig oder Öl. Natron, Kernseife, Essig und Soda gibt´s in der Drogerie – ein paar gut riechende Öle im Bioladen ums Eck… Und die anderen Utensilien hat man i. d. R. bereits im Haushalt. Oder etwa nicht? Statt mir neue Pumpen liefern zu lassen, habe ich bspw. die alten Verpackungen benutzt.

    1. Da bin ich ganz bei dir. Diejenigen, die ihre Putzmittel eh schon selbst mischen, kaufen das Kit wohl nicht. Zielgruppe sind wohl eher die, die die IDEE gut finden, aber keine Zeit / Lust haben, Rezepte selbst zu recherchieren, Zutaten einzeln zu kaufen und anzumischen.

  2. Bezüglich des DIY-Trends, so muss ich aus eigener Efahrung bestätigen, steckt tatsächlich eine Kombination aus Glaubensvorstellungen, persönlicher Überzeugung und schlichtem Spaß am Austausch. Mir macht es sehr viel Spaß verschiedene Blogs zu durchforsten und neue Ideen zu sammeln. An einem Sonntag, an dem ich Zeit nur für mich habe, ahne ich dann diese Trends nach und fühle mich bestärkt in meinem alternativen Lebensstil. So habe ich etwas für mich selbst getan und meiner Kreativität, für meine virtuelle Gemeinschaft und für die Umwelt!

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