Tumblr ist angekommen zwischen Twitter und Facebook

Deutschland hat aktuell etwas mehr als 82 Millionen Einwohner. Genauso viele Posts wurden bis 11 Uhr allein heute auf Tumblr veröffentlicht. Das 170 Mitarbeiter-Unternehmen aus New York City durfte vor ein paar Tagen Blog Nummer 100.000.000 feiern, hat inzwischen 44,6 Milliarden Einträge gesammelt und existiert in 12 Sprachen. Eine Erfolgsgeschichte, die einen neuen Höhepunkt gefunden hat und zunehmend auch in Deutschland Zuspruch findet.

Schon seit einiger Zeit befindet sich Tumblr, das immer wieder als Microblogging-Dienst bei Seite geschoben wird, auf einem aufsteigendem Ast. Die Mischung zwischen Twitter und Facebook sowie Multimedia-Plattformen wie Instagram, Flickr und YouTube scheinen zunehmend auch in Deutschland anzukommen. Auch wenn hier bekanntlich alles Digitale meist ein bisschen länger braucht als in den USA: Tumblr hat sich einen Status erkämpft, den zuvor nur WordPress und Blogger inne hatten. Tumblr wird nämlich nicht mehr mit dem Blog-Tool für Hipster assoziiert („Ein bisschen Foto, ein bisschen Mode und coole Zitate“), sondern inzwischen in der Branche der sozialen Netzwerke akzeptiert – und das aus gutem Grund.

Durch die Honorarhölle

Denn Tumblr ist eben nicht wie WordPress oder Blogger. Tumblr ist anders, einfacher, vernetzter, multimedialer. So schätzen viele Nutzer vor allem die Einfachheit, mit der man losbloggen kann. Es bedarf wenig Internetaffinität um ein Tumblr-Blog zu führen – ob Bild, Video oder einen Gesprächsverlauf: Alles ist direkt passend formatiert. Zudem hat es Tumblr geschafft, genau zwischen Twitter und Facebook zu grätschen und die kleine Marktlücke noch zu füllen. So ist es möglich, anderen Blog zu folgen, ohne das sie zurückfolgen müssen, es gibt eine Reblog-Funktion und einen Newsstream. Kurz um: Tumblr vereint die weltweit genutzten Funktionen von Twitter, WordPress und Facebook in einem Dienst. Außerdem kümmert es sich fast komplett um alles drumherum. Während man bei einem selbstgehosteten WordPress-Blog noch dabei ist, zig Plugins zu aktualisieren, hat man bei Tumblr seinen neusten Gedanken längst freien Lauf gelassen.

In Deutschland nutzen inzwischen auch immer mehr Medien Tumblr. So etwa „ZEIT ONLINE“ mit ihrem Blog, indem sie „Zitate, die uns inne halten lassen. Infografiken, Bilder und Sachen, für die wir uns interessieren“ veröffentlichen. Oder die „Süddeutsche Zeitung“, die mit dem Blog „Phänomeme – Lach- und Sachgeschichten“ virale Ereignisse im Netz sammelt und diese versucht zu ergründen. Auch der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, „Freischreiber“, konnte jüngst mit 150 Einreichungen in drei Tagen ein großes virales Interesse erwecken, als er das Blog „Was Journalisten verdienen“ startete, auf dem freie Journalistinnen und Journalisten ihre Verdienste bei Zeitung, TV und Radio anonym veröffentlichen können. Fast täglich kommen neue Medien hinzu, die ihre Mitarbeiter durch die #Honorarhölle schicken.

Zwischen Twitter und Facebook

Besonderer Beliebtheit dürfen sich aktuell auch „When you really live in…“-Blogs erfreuen. Diese Blogs veröffentlichen GIF-Animationen, die zusammen mit einem Ort einer Großstadt einen Sinn ergeben. Gute Beispiele sind hier München, Augsburg, Berlin oder Hamburg. Aber auch international findet man diese Blogs. So etwa von Wien, Ankara oder London. Sehenswert ist auch das Blog „westberlin“, das alte Bilder aus – richtig – Westberlin kuratiert und veröffentlicht.

Wie viele Tumblr-Blogs es inzwischen in Deutschland gibt, ist leider nicht bekannt. Die Zahl steigt aber stetig, denn auch hier bietet der Dienst einen großen Vorteil gegenüber WordPress: Mit einem Account bei Tumblr lassen sich beliebig viele Blogs aufsetzen. Fällt einem eine lustige Idee ein, lässt sich diese schnell verwirklichen und viral durch Reblogs besser verbreiten, als bei allen anderen gängigen Plattformen.

Auch wenn die Vorteile sofort ins Auge stechen: An Tumblr werden sich weiter die Geister scheiden – wenn auch zunehmend weniger. Es dürfte sich in der Lücke zwischen Twitter und Facebook gut aufgehoben fühlen, da es dort die wenigste Konkurrenz verspürt. Tumblr ist eben kein reines Blogsystem, sondern eine Mischung aus Publikations-Plattform und sozialem Netzwerk.


 


war von 2012 bis 2015 Autor der Netzpiloten. Seither arbeitet er als Geschäftsführer von BASIC thinking, schreibt Bücher und pflanzt dadurch Bäume. Zudem hat er das Online-Magazin Finanzentdecker.de gegründet. Am besten ist er über Facebook, Twitter und Instagram zu erreichen.


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11 comments

  1. Interessant … Ich beobachte Tumblr schon länger. Dass jemand, der neu zu (micro)bloggen anfängt, sich für Tumblr entscheidet, verstehe ich. Aber gäbe es Gründe für mich als WordPress.com-Blogger auf Tumblr umzusteigen bzw. die Plattform parallel zu nutzen? Eher nicht, oder?

  2. Hallo Christian,

    Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich tue mich damit auch etwas schwer. Ich habe ein Tumblr-Blog für meine Bilder angelegt. Richtig bloggen tue ich dann doch auf meinem WordPress-Blog. Das liegt hauptsächlich auch daran, dass ich zuerst auf WordPress war, bevor ich Tumblr entdeckt hatte.

    Aber – wie im Text auch beschrieben – sehe ich Tumblr eher weniger im Vergleich zu WordPress, Blogger und Co., sondern eher als Zwischending zu Twitter und Facebook. Wäre das nicht passender?

    Liebe Grüße, Tobias

  3. Ich war auch lange auf WordPress (und bin es noch), habe dann aber Tumblr für mich entdeckt, um kurze Sache zu veröffentlichen oder einfach nur Fotos, Videos Zitate, etc. Diese Beitragsformen sind meines Erachtens zu kurz für mein Blog, in dem ich vor allem meine (langen) Texte veröffentliche. So gesehen, trifft es „zwischen Facebook und Twitter“ ganz gut.

  4. Zwischending trifft es relativ genau, man könnte es aber auch als Metaebene betrachten? Bei mir läuft twitter, wordpress und instagram weitgehen automatisiert dort hinein, so habe ich einen Platz wo alles an einem Ort ist und wenn sich jemand dafür interessiert, er auch alles finden kann. So eine Art Zentrale, denn dafür ist es sehr schön geeignet.

  5. Ich finde Tumblr sehr spannend. Aus wirtschaftlicher Sicht empfinde ich Tumblr allerdings eher als „Spielkram“. Wie kann ich meine Inhalte hier monitorisieren? Existieren Beispiele, bei denen Unternehmen mit Tumblr auch Geld (außer Trafficzuführung für andere Portale) verdienen?

    Viele Grüße
    Christian

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