Von Online-Sprachkursen über Onlineseminare für Mitarbeiter bis hin zum Salsakurs auf YouTube: E-Learning ist ein Trend, der längst zum Mainstream geworden ist. Auch wenn sich darüber streiten lässt, ob nun das Beauty-Tutorial auf YouTube pädagogisch wertvoll ist, gibt es auch in Deutschland mittlerweile einige Startups, aber auch etablierte Unternehmen, die das E-Learning auf die nächste – professionelle – Stufe gehoben haben.
Mehr als ein Beauty-Tutorial auf YouTube
Learnity ist eines dieser Startups, ein Online-Marktplatz für eine Vielzahl von Lerninhalten. Dazu gehören zum Beispiel Kurse für Schüler, wie etwa Stochastik für die Oberstufe oder einem Audioguide zu verschiedenen Textsorten. Nutzer finden auf Learnity aber auch Universitätsinhalte oder Fortbildungen für den beruflichen Alltag, wie etwa ein Kurs zur Buchhaltung. Die meisten Kurse basieren auf Videos. Einige Inhalte – vor allem im Bereich „Schule” – sind gratis, andere wiederum, wie etwa ein Juravorbereitungskurs für das Staatsexamen, kosten rund 40 Euro als Flatrate-Angebot.
Das Eppendorfer Unternehmen hinter Learnity, die Education Gateway GmbH, will dabei mehr sein als eine Sammlung von beliebigen Lernvideos. So betont Geschäftsführer Christian Sellmann, dass die Inhalte auf learnity.com struktuierter sind als beispielsweise YouTube-Videos, einem Lehrplan folgen und sich nicht allein auf Videos oder Audios beschränken, sondern mit Begleitmaterialien für die Lernenden gepaart werden. Die Inhalte werden dabei meist von Professoren, Lehrern oder Experten erstellt, und kommen offensichtlich bei Nutzern gut an. Gymnasialschüler loben beispielsweise, dass sie mit den Inhalten der Webseite im eigenen Tempo lernen können, die Inhalte zum Wiederholen auf dem Smartphone speichern können und ihnen die Visualisierung von Lernstoff dabei hilft, sich die Informationen besser zu merken.
E-Learning ist individueller und günstiger
Tatsächlich kann das Lernen im Netz viele Vorteile haben. Nutzer können die Inhalte in ihrem Tempo abrufen, beliebig oft wiederholen und so viel individueller lernen als etwa im Frontalunterricht. Hinzu kommt, dass User die Inhalte unabhängig von Zeit und Ort abrufen können, was es zum Beispiel auch Berufstätigen ermöglicht, sich neben dem Job weiterzubilden. Hinzu kommt, dass Onlinekurse – einmal erstellt – kostengünstiger sind. Lehrende müssen nicht jedes Mal an einem Ort physisch anwesend sein, die Materialien müssen nicht immer und immer wieder ausgedruckt werden und auch Lernende zahlen für Onlinekurse weniger.
Tina Seufert, Professorin am Instititut für Psychologie und Pädagogik der Universität Ulm, glaubt, dass auch Hochschulen vom E-Learning weitaus mehr profitieren könnten als sie es bisher tun: „Warum sollte ich nicht – weltweit oder von mir aus auch nur bundesweit – die Vorlesung ,Einführung in die Chemie für Studienanfänger? in ein, zwei oder fünf Varianten multimedial und mediendidaktisch von den besten Leuten mit den besten Mitteln umsetzen lassen und dann allen zur Verfügung stellen?”, sagt sie in einem Interview mit der Wirtschaftswoche.
Ganz klar: Wenn die E-Learning-Inhalte gut aufbereitet, nutzerfreundlich und mediendidaktisch strukturiert sind, können sie für Lernende sehr wertvoll sein. Das sind natürlich viele „Wenns”. Denn es reicht nicht, dass der Vortragende charismatisch ist, die Inhalte müssen technisch für Nutzer einfach zu erfassen sein und darüber hinaus auch professionell erstellt worden sein, damit User tatsächlich gewisse Lernziele erreichen. Darüber hinaus ist es mit dem E-Learning ein wenig wie mit dem Arbeiten im Homeoffice. Je flexibler die Zeiteinteilung, desto mehr Selbstdisziplin müssen Nutzer mitbringen. So hat schließlich nicht jeder die Motivation, nach Feierabend noch Spanischvokabeln zu pauken oder sich eine Vorlesung zum Thema „Elektronische Bauelemente und Schaltungen” anzuhören.
E-Learning-Angebot wird differenzierter
Doch auch hier denkt die neue Generation der E-Learning Unternehmen weiter. Viele haben begriffen, dass einige Nutzer ein begrenztes Zeitbudget haben. So hat Dee Dammers, professioneller Gitarrist, Gitarrenlehrer und Gründer hinter gitarre-lernen-online seine Lerninhalte genau daran angepasst. Dammer verspricht Nutzern, dass sie mit einem Einsatz von lediglich drei Mal zehn Minuten pro Woche, jede Woche ein neues Lied lernen können. „Das funktioniert in der Mittagspause im Büro, zuhause vor dem Zähneputzen oder gemütlich am Wochenende“, erklärt er seinen Schülern auf seiner Plattform. 19 Euro kostet das Gitarren-Paket im Monatsabo und beinhaltet über 50 Videos, mehr als 150 PDF-Dateien und Hunderte von Audios. All das kommt noch mit einer Erfolgsgarantie: Sollte man als Schüler nicht die vorgegebenen Ziele erreichen, erhält man bis zu 30 Tage nach der Anmeldung sein Geld zurück.
Beispiele wie Learnity oder gitarre-lernen-online zeigen, dass sich die E-Learning-Angebote in Deutschland immer weiter professionalisieren und differenzieren, um sich so besser an individuelle Nutzerbedürfnisse anzupassen.
Dieser Trend lässt sich auch für das E-Learning in Unternehmen beobachten. Die Arbeitswelt ändert sich rasant durch die Digitalisierung und Unternehmen können nur dann mithalten, wenn sie ihre Mitarbeiter regelmäßig weiterbilden. Onlinekurse sind für viele Betriebe eine ideale Lösung, da sie sich viel flexibler in den Arbeitsalltag integrieren lassen als etwa eine Fortbildung am Wochenende. Ein weiterer Vorteil der Onlinekurse ist, dass sich die Inhalte viel individueller an die jeweiligen Mitarbeiterbedürfnisse anpassen lassen, was sowohl für die Mitarbeiter als auch für das Unternehmen letztlich viel mehr bringt als ein Massenkurs.
Mehr Onlinekurse in Unternehmen
Dahingehend scheint sich auch das Angebot für Unternehmen zu entwickeln. So bietet beispielsweise Springer Medizin ein hochspezialisiertes Fortbildungsportal im Nezt für Ärzte. Der Pharmakonzern Pfizer wiederum hat ein eigenes E-Learning-Portal speziell für seine Mitarbeiter herausgearbeitet. Dahinter steckt natürlich nicht nur ein humanitärer Gedanke. Eine Forsa-Studie zum E-Learning in deutschen Unternehmen hat gezeigt, dass Personaler Weiterbildung nicht nur deshalb schätzen, weil sie ihre Mitarbeiter besser qualifizieren können. Darüber hinaus sagten 70% der Personaler, dass auch das Image des Arbeitgebers davon profitiert, wenn ein Unternehmen Fortbildungsmöglichkeiten anbietet.
Das wird sich in Zukunft wohl noch verstärken. So zeigt eine gemeinsame Studie des Digitalverband Bitkom und dem Projekt FLIP, dass die Anzahl der Onlinekurse in Unternehmen in Zukunft noch weiter steigen wird. In einer Befragung unter Unternehmen kam heraus, dass 82% der Unternehmen glauben, dass digitale Selbstlernprogramme an Bedeutung gewinnen werden.
E-Learning ein Millionenmarkt
Selbstverständlich profitieren nicht nur Unternehmen und Mitarbeiter vom E-Learning-Angebot, sondern auch die Anbieter selbst. Denn E-Learning ist ein sehr lukrativer Markt ist. So hat Bitkom ermittelt, dass der Umsatz der E-Learning-Unternehmen im Jahr 2014 um gut 13 Prozent, auf 582 Millionen Euro angestiegen ist.
Doch auch wenn der Anteil der E-Learning-Angebote für Privatpersonen, Bildungseinrichtungen und Unternehmen weiter steigt und sich wahrscheinlich weiter verbessern und spezialisieren wird, in einem sind sich Experten einig: Den persönlichen Unterricht wird E-Learning zwar ergänzen, nicht aber völlig ersetzen können.
Image (adapted) „E-Learning“ by coyot [CC0 Public Domain]
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