US-Wahl 2008

Die Blogpiloten fliegen zu den US-Wahlkampfseiten

Barack Obama versus John McCain – mit den Parteitagen der Demokraten und Republikaner Anfang September ging das Rennen um das Amt des US-Präsidenten in die heiße Phase. Fiele die Entscheidung allein nach der Online-Kampagne der beiden Kontrahenten, hätte für viele Wahlkampfbeobachter Obama schon gewonnen: Medien wie die Washington Post oder der Technology Review bejubeln den Netz-Wahlkampf des 42-jährigen Senators aus Illinois. Der fast 30 Jahre ältere John McCain dagegen bezeichnete sich selbst einmal als „Neandertaler“, wenn es um die neuen Medien geht. Tatsächlich zieht Obamas zentrale Website BarackObama.com mehr Nutzer an als McCains Internetauftritt: Laut einer Analyse von Hitwise.com erlangte Obama im August 2008 72 Prozent Marktanteil, 28 Prozent entfielen auf John McCain. Doch wie unterscheiden sich die Internet-Kampagnen der Kandidaten wirklich? Die Blogpiloten vergleichen.

Mehr denn je hat sich der Wahlkampf 2008 ins Internet verlagert: Das World Wide Web ist für beide Kandidaten ein wichtiger Ort, um Unterstützer zu gewinnen und Spenden zu sammeln. Barack Obama beschäftigt für seine Kampagne Mitarbeiter, die sich mit Social Networks auskennen: New-Media-Director ist Joe Rospars, der sich 2003 um die Kampagne des Demokraten Howard Dean kümmerte. Diesem gelang es erstmals, eine nennenswerte Summe an Spendengeldern, immerhin 25,4 Millionen US-Dollar, nur über Online-Spenden aufzutreiben. Weiteres Mitglied in Obamas Team ist Chris Hughes, einer der Gründer des Social Networks Facebook.

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Virtuelle Wahlkampfzentrale ist MyBarackObama, kurz MyBO, das Obama-eigene Social Network. Mehr als eine Million Nutzer haben sich bereits für MyBO registriert – eine riesige Datenbank, die das Kampagnenteam nutzt, um Wähler per E-Mail zu informieren und immer wieder zum Spenden aufzufordern. Diese Spenden sind notwendig, um die Wahlkampfmaschinerie am Laufen zu halten. Neu ist die intensive Verknüpfung von Online- und Offline-Wahlkampf: Auf MyBO können sich Obama-Anhänger nicht nur virtuell mit anderen Unterstützern aus ihrem Bundesstaat vernetzen. Mit ein paar Klicks können sie zudem herausfinden, wo weitere registrierte Wähler in ihrer Nähe wohnen, können diese zu Wahlpartys einladen oder Hausbesuche machen und Obama-Flyer verteilen. Obama wartet nun aber nicht darauf, dass Internetnutzer seine Seite besuchen. Er geht dorthin, wo mögliche Wähler im Netz bereits kommunizieren: Sein Team richtete Profile in den großen Social Networks Facebook und MySpace ein; darüber hinaus ist Obama Mitglied von AsianAve.com, MiGente.com und BlackPlanet.com, Social Networks für asiatische, hispanische und schwarze Bürger der USA. Er twittert und stellt natürlich auch Videos seiner Reden und Wahlkampfspots bei YouTube ein. Allein für die Videoproduktion für YouTube und den Website-eigenen Kanal BarackTV beschäftigt Obama laut Informationen der Washington Post neun Mitarbeiter.

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Dagegen kümmerten sich gerade Mal vier Mitglieder von John McCains Kampagnenteam um die digitalen Kanäle. Der Republikaner nutzt durchaus die Tools des Web 2.0: Auch seine Website bietet ein Social Network, McCain Space, in dem sich seine Unterstützer vernetzen und für Events im Real Life verabreden. Auch McCain ist zumindest bei den großen Netzwerken MySpace und Facebook vertreten. Mitglieder seines Kampagnen-Teams bloggen und senden News-Updates über Twitter. Persönlichere Einblicke in den Wahlkampfalltag soll McCains Tochter Megan bieten. Zusammen mit zwei Freundinnen betreibt sie das Blog „Bloggette“, auf dem sie mit vielen Bildern und Videos von der Wahlkampftour ihres Vaters berichtet.

Aufmerksamkeit erregte Vietnam-Veteran McCain allerdings vor allem durch die Fauxpas, die er sich bei der Produktion seiner Video-Clips erlaubte: Ein spöttisches Video über seinen Kontrahenten Obama unterlegte er mit den Frank Valli-Songs „My Eyes Adored You“ und „Can’t Take My Eyes Off You“. Leider versäumte er es, die Lizenzen für diese Songs zu erwerben. Eine klassische Urheberrechtsverletzung, weswegen Rechteinhaber Warner Music von YouTube verlangte, das Video wieder zu entfernen. Ein peinlicher Fehler für McCain, der sich sonst für einen „fair use“ urheberrechtlich geschützter Werke einsetzt.

Obama hat besser als McCain verstanden, was es bedeutet, Wahlkampf im sozialen Netz zu machen: Anhänger bleiben keine passiven Rezipienten von Wahlkampfspots und –reden. Vielmehr motiviert sie Obamas Kampagnenteam, ihren eigenen Wahlkampf zu gestalten. Getreu dem Motto „Yes We Can!“ soll jedem möglichen Wähler das Gefühl gegeben werden, ein zentraler Teil der Kampagne zu sein und zu Obamas Erfolg beitragen zu können. McCains Online-Bemühungen wirken zwar ebenfalls professionell – aber im Vergleich viel unpersönlicher als die Angebote des Demokraten.

ist freie Journalistin. Von April 2007 bis September 2008 absolvierte sie ein Volontariat bei politik-digital.de und arbeitet heute under anderem für Zebralog. Privat bloggt sie unter More Sexappeal In Politics.


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