Wir haben uns daran gewöhnt, dass Google ein gefährlicher Datenkrake und Apple ein nimmersatter Verkäufer digitaler Spielzeuge ist. Diese Archetypen der digitalen Ökonomie haben mittlerweile sogar schon einen Urahn: Der Großvater Microsoft röchelt noch ein wenig auf dem Sofa des weltweiten Datennetzes vor sich hin. Aber auch dieser Methusalem hatte einst richtige Feinde.
Vor 10 Jahren hatten Legionen von Journalisten vor den Konsequenzen der digitalisierten Arbeitswelt gewarnt. Die Menschen wurden krank vor schlechten Monitoren und Bürostühle genügten nicht mehr den ergonomischen Anforderungen. Vor allem der Aufbau der Oberfläche von Microsofts Bürolösungen galt als steinzeitlich. Heute ist das alles vergessen. Seit wir den Monitor auf ein Zehntel verkleinert haben und darauf herumwischen, geht es uns so gut, dass die wahren Gefahren nur noch von den Datenbanken der Werbenetzwerke ausgehen. ZEIT und Süddeutsche Zeitung hatten Mitte der Woche berichtet, dass die kapitalistische Großinvasion namens Google ihre giftigen Arme auf uns gerichtet habe. In einer Datenbank mit dem mysteriösen Kürzel DDP sollten die Interessen der Werbekunden an den Meistbietenden verhökert werden. Der Datenschutz – die goldenen Bulle der letzten Jahre – war in Gefahr. Offenbar hatte Google vor, uns alle zu verwanzen…
Man schrieb von der Website des amerikanischen Marketing-Fachblatts AdAge ab. Zumindest glaubte man, den Artikel dort verstanden zu haben. Dort wurde eine neue Lösung der Googlianer für das Target-Markting von Bannerwerbung auf Websites vorgestellt. Das Ziel bei dieser Form der Werbung liegt darin, den älteren Semestern im Internet Werbung für Kreuzfahrten auf den Leib zu schneidern und dem siebzehnjährigen Enkel die neueste CD seiner Lieblingsband zu präsentieren. Die Süddeutsche zog ihre Schlüsse etwas voreilig:“Künftig sollen Werber bei Google Daten von Verbrauchern kaufen können, mit Name, Adresse und, vor allem, nach Interessen sortiert.“ Google hat solche Adressen in den allermeisten Fällen vermutlich gar nicht. Und wenn sie die hätten, wäre es das Ende des Werbegeschäfts, wenn sie sie verkauften. Das Vertrauen wäre dahin – weltweit. Im Gegenteil sind es nicht selten dessen Kunden, die Online-Shops und Versandhändler, die ein einträgliches Geschäft mit der Vermietung von Adressen betreiben.
In Wirklichkeit geht es bei Googles Plattform namens AdExchange um die Werbeplätze auf einer Website, auf denen die sogenannten Banner erscheinen, die uns so freundlich blinkend den letzten Nerv rauben, wenn wir einen Artikel in einem Online-Magazin verstehen wollen. Das Dementi von Google kam dann auch kurze Zeit später auf Google+, dem sozialen Netzwerk des Werbemonopolisten: „Wir verkaufen keine Nutzerdaten oder -profile und werden das auch in Zukunft nicht tun. Richtig ist, dass wir zusammen mit anderen Werbenetzwerken an Initiativen arbeiten, das Datenmanagement von Interessenskategorien zu vereinfachen, indem die vorhandenen Daten aus verschiedenen Werbenetzwerken auf einer Plattform zusammengefasst werden.“
Man will dort sogar dem Nutzer ermöglichen, aus der personalisierten Werbung anhand von Interessensgebieten auszusteigen. Genau dieser Datenbank gegenüber soll der Nutzer dann erklären können, dass er keine persönliche maßgeschneiderte Werbung haben will. Ein totales Aus der Werbung hätte fatale Folgen. Denn das würde automatisch zur Folge haben, dass 90% aller professionellen Webangebote Abonnementkosten erheben müssten. So gesehen ist eine personalisierte Werbung das kleinere Übel. Und es ist für viele junge Männer eine gute Entwicklung, dass im Web keine Werbung mehr für Damenbinden, Treppenlifte und ausgefallene Hüte um ihre Aufmerksamkeit buhlt. Frauen verzichten dafür gern auf hübsche Bildchen über Rasierschaum, Sportwagen und Tennissocken.
Aber die Alarmglocken vieler Journalisten klingeln häufig, wenn die digitale Trias aus Google, Werbung und Nutzer eine neue Verknüpfung erlebt. Dass sich viele Firmen viel lieber bei den fein justierbaren Datenbanken von Facebook bedienen, scheint noch nicht so ganz bis in die heiligen Hallen der Recherche gedrungen zu sein. So wird Facebook immer mehr zum McDonalds der Sozialen Netzwerke. Die Flut an sinnlosen Spielen und unerwünschter Werbung nimmt dort epische Ausmaße an. Aber man verdient noch immer nur einen Bruchteil des Suchmaschinenmonopols.
Google will alles. Wer Mitglied im neuen Netzwerk ist, der wird feststellen, dass alle je verfügbaren Dienste nun ein Dach bekommen haben. Das gemeinsame Erstellen von Dokumenten im Web, das Verwalten von Fotos und viele andere Dienste, die wir mit unserem Computer täglich verrichten, bietet Google im Rahmen seiner Cloud-Services an. Das bedeutet, dass man eigentlich keine Festplatte mehr braucht, weil alle Daten irgendwo auf einer der Serverfarmen von Google liegen. Konsequenterweise bietet man seit diesem Sommer dafür sogar eigene Laptops an. Diese Chromebooks genannten mobilen PCs kommen ganz ohne Windows oder Linux als Betriebssystem aus. Was für uns sinnlos erscheint, ist für die neue Generation der digitalen Konsumenten schon eingeprägt: Computer ohne Internet sind wie Licht ohne Strom. Ob der röchelnde Senior namens Microsoft dem noch irgendetwas entgegenzusetzen hat? Einige größere europäische Verlage haben ihre Zusammenarbeit bereits in die virtuellen Arbeitsräume von Google Docs verlegt. Dort hat man sehr still gehalten, als die Google-Suada durch den deutschen Blätterwald zog. Vielleicht stürzten dort aber auch immer die virtuellen Dokumente ab, als die Redakteurinnen etwas Schlechtes über den Suchgiganten schreiben wollten?
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Schlagwörter: google, Medien, suche, target
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