Zwischenzeitlich standen die Zeichen für die Digitalisierung an Schulen gut. Mit der Corona-Pandemie waren Schulen im Eiltempo gezwungen digitale Infrastruktur auszubauen und zugleich bewilligte der Digitalpakt Mittel in Höhe von 5 Milliarden Euro für die digitale Aufrüstung von Schulen. Trotzdem scheint die Digitalisierung gescheitert oder zumindest erneut stark ins Stocken geraten zu sein.
Nach der Pandemie und mit Auslaufen des Digitalpakts zeigt sich, dass Schulen nicht den erhofften Schritt in der Digitalisierung gemacht haben. Doch woran liegt es, dass wir weiterhin der Digitalisierung vieler anderer Länder hinterherhängen? Wir geben euch 5 Gründe und versuchen eine Antwort darauf zu finden, wie sich eine Digitalisierung nachhaltiger umsetzen ließe.
Erster Grund: Unzureichende Digitale Kompetenzen und das Problem mit Smartphones
All die digitale Technik nützt wenig, wenn man nicht den richtigen Umgang damit lernt. Und ja, das gilt auch, wenn man mit der Technologie eigentlich aufwächst. Während die Unterhaltungs-Apps selten ein Problem darstellt, wissen viele Jugendlichen die Möglichkeiten noch nicht für die Lösung von Problemstellungen auszuschöpfen.
Kinder sollten früher lernen, dass Smartphones und Computer nicht nur der Unterhaltung dienen, sondern auch viel mehr Möglichkeiten bieten, um Probleme zu lösen. Das fängt damit an, richtig nach Antworten auf Fragen zu suchen, aber auch ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Quellen vertrauensvoll sind und eine Sensibilisierung für Fakenews zu entwickeln.
Das Problem ist natürlich, dass die Vermittlung nur funktioniert, wenn Lehrer auch entsprechende Digitale Kompetenzen besitzen. Und diese lassen sich nicht so einfach in einem kurzen Workshop erlernen, sondern müssen gelebt und vorgelebt werden. Das ist der schwierigste Punkt, weil man Lehrern diese gelebten Kompetenzen schlecht vorschreiben kann.
Zweiter Grund: Das Smartphone ist kein PC
Zudem liegt das Problem nicht immer nur in der digitalen Kompetenz, sondern auch in den Geräten. Der PC ist schon längst nicht mehr die Hauptplattform, sondern mittlerweile oft das Smartphone. Auch das ist an sich nicht schlecht, weil es immer greifbare Geräte sind. Das Problem ist aber, dass Jugendliche dadurch zunehmend Probleme haben mit Laptop oder PC zu arbeiten.
Dazu gab es tatsächlich auch eine sehr interessante Aussage der Sängerin Billie Eilish. Der 22-jährige Weltstar gab nämlich zu, dass sie es bereut, nicht gelernt zu haben auf einer Computer-Tastatur zu tippen, weil sie nicht zu dieser Generation gehörte.
Und genau das dürfte in Zukunft ein immer präsenteres Thema werden: Berufsanfänger die zwar mit Smartphones aufgewachsen sind, aber nie richtig gelernt haben, auf einer großen, haptischen Tastatur zu schreiben. Das ist aber nicht nur ein Problem der Schulen, sondern ähnlich der Aufmerksamkeitsspanne durch Social Media ein Problem der gesellschaftlichen Entwicklung.
Dritter Grund: Kein flächendeckender Informatikunterricht
Informatikunterricht vermittelt eigentlich viele Kompetenzen die wichtig für die moderne Jobwelt sind. Außerdem stellt sie Weichen für alle, die später einmal Informatikberufe studieren wollen. Viele Länder haben das verstanden und fangen bereits früh an wichtige Programmiergrundlagen zu lehren.
In Deutschland haben wir dagegen Probleme, überhaupt flächendeckend einen regelmäßigen Informatikunterricht durchzuführen. In diesem Bereich fällt Deutschland im Europäischen Vergleich immer weiter zurück. In einer Vergleichsstudie des Stifterverband und der Heinz Nixdorf Stiftung wird angegeben, dass Deutschland zu nur noch 9 von 37 europäischen Ländern gehört, die keine informatische Grundbildung garantieren können. 46% der europäischen Länder haben außerdem mindestens 2 Jahre Informatik als Pflichtfach. In Deutschland gibt es das lediglich in zwei Bundesländern.
Doch das Problem in Deutschland liegt auch am Personalnotstand. In Deutschland herrscht ein zunehmender Lehrermangel. Das sorgt auch für Probleme, wenn Informatik zum Pflichtfach wird. So berichtete der NDR 2023 vom Start der Informatik als Pflichtfach in der 10. Klasse in Niedersachsen. Zum Start würden noch vielerorts Lehrkräfte dafür fehlen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte sogar die Einführung eines neuen Pflichtfaches mitten im Lehrkräftemangel.
Die GEW nannte dabei ein weiteres Problem beim Schließen der Lücke: Informatiker verdienen in der freien Marktwirtschaft deutlich besser als im Schuldienst. Um mehr Anreize zu schaffen, müsste also auch gegebenenfalls mehr in das Lehrpersonal investiert werden.
Vierter Grund: Teure Endgeräte die Wartung benötigen
Die Kaskade der Probleme endet damit aber noch nicht. Ein Großteil der Investitionen durch den Digitalpakt ging in digitale Endgeräte. Dabei handelte es sich nicht selten um teure Apple-Geräte. Diese dürften zwar eine gute Funktionalität und einen guten Support im Schadensfall gewährleisten, sind aber für flächendeckende Versorgung dennoch eher unnötig teuer – auch wenn Apple durchaus auch immer sinnvolle Sparaktionen wie ihre Bildungspreise anbietet.
Doch es gibt ein weiteres Problem: Irgendwer muss sich auch um die Geräte kümmern. Austeilen für den Unterricht allein reicht da nicht. Sie müssen alle nötigen Programme beinhalten, sicher mit dem WLAN verbunden sein und können natürlich auch immer wieder Probleme machen. Doch nicht jede Schule kann sich dafür eigenes Personal leisten oder finden.
Hängen bleiben diese Aufgaben daher oft am ohnehin schon eigentlich schon zu knappen Personal, dass dann eine Doppelfunktion übernehmen muss. Der zusätzliche Stress macht den Beruf nicht attraktiver und kann noch stärker auf die Ausbildungsqualität und die Gesundheit der Lehrer drücken.
Grund 5: Der Digitalisierung an Schulen fehlt eine einheitliche Linie
Viele Gründe, warum die Digitalisierung an Schulen gescheitert ist lassen sich darauf runterbrechen, dass klare Strukturen fehlen. Jedes Bundesland setzt die Informatik anders um. Weder die Nutzung der Geldmittel aus dem Digitalpakt, noch die Frage nach Informatik als Pflichtfach folgt dabei einer gemeinsamen Linie.
In vielen Bereichen müssen die Schulen auch selbst sehen, wie sie alles organisiert bekommen und ein großer Teil bleibt an den Schulleitern und Informatiklehrern hängen.
Der Digitalpakt 2.0 muss strukturierter sein
Man kann nur erahnen, wie viel Geld aus dem ersten Digitalpakt im Sand verlaufen ist. Genau deswegen muss für das frühestens ab 2025 kommende Nachfolgeprogramm bereits ein Plan geschmiedet werden, wie der Digitalpakt 2.0 nachhaltigeren Erfolg bringt.
Das bedeutet in erster Linie Strukturen zu schaffen. Und Strukturen bedeutet hier nicht gleich kompliziert. Es müssen Standards für den digitalen Unterricht geschaffen werden und einfache Wege, alle dafür benötigten Anschaffungen über eine zentrale Stelle möglichst unbürokratisch in die Wege zu leiten.
Darüber hinaus sind aber auch Lösungen nötig, wie man den Personalnotstand sinnvoll angeht. Das bedeutet Anreize setzen um dem Abwärtstrend bei zugleich immer mehr Teilzeitkräften entgegen zu wirken.
Image by Esther Hildebrandt via Adobe Stock
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