Was ist QUARTZ? – Risiko für Herzerkrankungen durch KI-Netzhautscan vorhersagen lassen

Beim Optiker einen Check machen, um zu sehen, ob man ein Risiko für Herzkrankheiten besitzt? Das soll in naher Zukunft möglich sein. Die Welt der Technik und die der Medizin verschmelzen beinahe täglich weiter, wie wir in unseren Artikel zum Thema Roboter in der Medizin bereits angesprochen haben.

Nun soll es möglich gemacht werden mittels eines KI-Netzhautscans herauszufinden, ob man eine Anfälligkeit für Herzprobleme hat. Wie dieses futuristische und geniale Konzept, namens QUARTZ, funktionieren soll, erklären wir euch.

Warum wurde die Studie durchgeführt?

Kreislauferkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, koronare Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz und Schlaganfall, sind weltweit die Hauptursachen für Krankheit und Tod. Auch in Deutschland machen sie die Hauptursache für Todesfällen aus. Obwohl es mehrere Tests zur Vorhersage des Risikos von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt, sind diese nicht immer in der Lage, diejenigen genau zu identifizieren, die später eine lebensgefährliche Herzkrankheit entwickeln.

Die neue Forschungsstudie, die im British Journal of Ophthalmology veröffentlicht wurde, soll den Weg für die Entwicklung schneller und kostengünstiger kardiovaskulärer Screenings ermöglichen, sofern die Ergebnisse in zukünftigen klinischen Studien validiert werden. Diese Screenings würden Einzelpersonen über ihr Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko informieren, ohne dass Bluttests oder sogar Blutdruckmessungen erforderlich wären. Der Durchbruch könnte es Augenärzten und anderem Gesundheitspersonal ermöglichen, Herz-Kreislauf-Screenings bei regulären Augenuntersuchungen mit einer Kamera durchzuführen – ohne die Notwendigkeit von Bluttests oder Blutdruckkontrollen – so zumindest in der Theorie.

Die Hauptautorin der Forschungsarbeit, Professor Alicja Rudnicka, spricht der optimistisch über den möglichen KI-Netzhautscan. In einem Interview mit dem Guardian sagte sie:

Dieses KI-Tool könnte jemanden in 60 Sekunden oder weniger über sein Risikoniveau informieren.“

Wie lief die Studie ab?

Die Forscher entwickelten ein vollautomatisches KI-fähiges Tool, genannt QUARTZ (ein Akronym, abgeleitet von dem Ausdruck „Quantitative Analysis of Retinal Vessels Topology and sIZe“), um das Potenzial der Bildgebung der retinalen Gefäße – plus bekannter Risikofaktoren – zur Vorhersage der Gefäßgesundheit und des Todes zu bewerten. Sie verwendeten das Tool, um Bilder von 88.052 Teilnehmern der britischen Biobank im Alter von 40 bis 69 Jahren zu scannen. Die Forscher untersuchten speziell die Breite, Gefäßfläche und den Krümmungsgrad der Arterien und Venen in der Netzhaut, um Vorhersagemodelle für Schlaganfall, Herzinfarkt und Tod von Kreislauferkrankungen zu entwickeln.

Anschließend wandten sie die Modelle auf die Netzhautbilder von 7.411 Teilnehmern im Alter von 48 bis 92 Jahren der europäischen prospektiven Krebsuntersuchung der Epic-Norfolk-Studie an. Die Leistung von Quartz wurde mit dem weit verbreiteten Framingham Risk Scores Framework verglichen. Die Gesundheit aller ist durchschnittlich sieben bis neun Jahre lang verfolgt worden.

Bei Männern wurde festgestellt, dass die Breite, Krümmung und Breitenvariation von Venen und Arterien in ihrer Netzhaut wichtige Prädiktoren für den Tod durch Kreislauferkrankungen sind. Bei Frauen trugen Arterienfläche und -breite sowie Venenkrümmung und -breitenvariation zur Risikovorhersage bei. Das KI-Tool nutzte Daten von Teilnehmern, darunter Rauchervorgeschichte, Medikamente zur Behandlung von Bluthochdruck und frühere Herzinfarkte. Die Forscher fanden heraus, dass die von QUARTZ berechneten Netzhautdaten signifikant mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Todesfällen und Schlaganfällen assoziiert waren. Somit ist eine ähnliche Vorhersageleistung wie der klinische Risiko-Score von Framingham aufzuweisen.

Wie funktioniert die Software?

Die Software funktioniert, indem sie das Netz der Blutgefäße in der Netzhaut des Auges analysiert. Es misst die Gesamtfläche, die von diesen Arterien und Venen bedeckt ist, sowie ihre Breite und Biegsamkeit. Alle diese Faktoren sind von der Herzgesundheit einer Person beeinflusst. Die Software tätigt Vorhersagen über das Risiko einer Person für Herzerkrankungen, indem sie eine Momentaufnahme des Auges erstellt. Die Software analysiert mit dieser Aufnahme das Risiko.

Die Studie trägt zu einem wachsenden Wissensbestand bei, dass das Auge als Fenster zum Rest des Körpers verstanden werden kann“, sagte Pearse Keane, ein Forscher für Augenheilkunde und KI-Analyse, der nicht mit der Studie verbunden ist, gegenüber The Verge. „Ärzte wissen seit mehr als hundert Jahren, dass man in die Augen schauen und Anzeichen von Diabetes und Bluthochdruck sehen kann. Aber das Problem war die manuelle Bewertung: die manuelle Abgrenzung der Gefäße durch menschliche Experten.“ Der Einsatz von maschinellem Lernen, sagt Keane, kann diese Herausforderung überwinden.

Fazit – Vielversprechende Ergebnisse

Die frühe Erkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen rettet eine Unzahl an Leben. Herkömmliche Herz-Kreislauf-Erkrankungs-Untersuchungen liefern gute Resultate, doch Optimierungen in der Medizin sind immer eine positive Sache. Zumal QUARTZ in der Theorie bei jedem Optiker einen Platz finden könnte. Somit ist der Zugang zu Herz-Kreislauf-Erkrankungs-Untersuchungen für jede*n einfacher.

Die Forscher verglichen die Ergebnisse ihrer Software QUARTZ mit 10-Jahres-Risikovorhersagen, die durch den standardmäßigen Framingham Risk Score Test (FRS) erstellt wurden. Sie fanden heraus, dass die beiden Methoden eine „vergleichbare Leistung“ hatten. Somit sollten wir optimistisch in die Zukunft sehen und hoffen, dass QUARTZ im Alltag Anwendung findet.


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