Kürzlich war ich bei der SXSW, einer Konferenz, die sich aus einem Musikfestival heraus entwickelt hat. (SXSW steht kurz für „south by south west“, also süd-südwest, in Anspielung an den Veranstaltungsort Austin, Texas.) Die SXSW gilt in der Welt der Web 2.0-Startups und Social Media Dienste als Mischung aus Trendindikator (Twitter und Foursquare haben hier ihren Durchbruch geschafft), Networkingtreff und Riesenparty. Die Besucherzahlen sind dieses Jahr auf Rekordhöhen geklettert. Die SXSW hat also in einschlägigen Kreisen einen gewissen Stellenwert.
Aber was bedeutet das heute noch? Wie relevant sind Konferenzen im Internetbereich wirklich?
In Deutschland haben wir mit CeBit und re:publica zwei Veranstaltungen, die verschiedener nicht sein könnten und dennoch in denselben Kreisen diskutiert werden. Die CeBIT als alteingesessene Elektronikmesse kämpft mit der Belanglosigkeit, da neue Gadgets heute nicht mehr primär auf Messen enthüllt werden, sondern schon vorab in Magazinen und Blogs diskutiert werden. Der Hype-Faktor ist immer schwerer zu erzeugen und die halbleeren Messehallen zeugen davon.
Mit der re:publica verhält es sich etwas anders. Hier werden Themen diskutiert, die womöglich außerhalb der Netzcommunity Wenige interessieren, und das von Menschen, die außer Netzinteressierten vermutlich wenige auf der Straße als Experten erkennen würden. Doch geht es hier auch nicht primär um die Vorstellung neuer Produkte und Dienste.
Bis zu einem gewissen Grad lässt sich das sicherlich durch die unterschiedliche Zielsetzung von Messen und Konferenzen erklären. Ich vermute aber, es steckt mehr dahinter: Gerade in Zeiten von Online-Collaboration, Skype-Calls und permanenter Kommunikation auf den verschiedensten Onlinekanälen von Email über Twitter bis Google-Chat werden persönliche Treffen immer wichtiger, je seltener sie werden. (Ich behaupte nicht, dass Onliner sich nicht häufig auch offline treffen; es geht mir hier um groß angelegte Treffen, die die ganze Industrie zusammen bringen.) Hier brillieren Events wie SXSW und re:publica, indem sie es schaffen, alle Beteiligten anzulocken mit einer Mischung aus Konferenz (Wissensvermittlung), Klassenfahrt (Wiedersehen) und Party (Kennenlernen).
Im Kontext von Barcamps und professionellen Konferenzen wird immer wieder diskutiert, ob die Sessions spannend genug sind, die Sprecher bekannt genug, das Catering ausreichend. So wichtig diese Fragen sein mögen, wesentlich entscheidender dürfte sein: Hat die Veranstaltung genug Anziehungskraft, um spannende Teilnehmer einzuladen? Kann ich dort interessante Gespräche führen, mich austauschen, etwas Neues lernen – gerade auch abseits der Panel-Diskussionen? Es gibt da draußen eine ganze Generation von – ich sage es mal absichtlich so fluffig – jungen Internetprofis, die scheint keine Lust hat auf trockene, überteuerte Konferenzen. Sie haben keine große Firma im Rücken, die die Spesenrechnung bereitwillig zahlt und ziehen es vor, ihr Geld für ein Wochenende mit spannenden Leuten in einer interessanten Location zu investieren. Wenn es dort inspirierende Sprecher gibt, um so besser.
Den Veranstaltern der alten Garde von Konferenzen (Web2Expo und wie sie alle heißen) dürfte das nicht gut ins Konzept passen, denn es wird schwierig für sie, diesen Generationenwechsel in neue Konzepte umzusetzen.
Die Frage bleibt also: Wo geht es hin mit Web-Konferenzen und welche Rolle werden sie spielen?
Wir werden das gerne und ausgiebig mit euch diskutieren – auf der re:publica in Berlin ;)
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Schlagwörter: cebit, konferenz, rp10, sxsw
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