Wer wird Präsident?

Am 23. Mai ist der Schicksalstag für Gesine Schwan. Zum zweiten Mal tritt sie an diesem Tag als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten gegen Horst Köhler an. Vor fünf Jahren war der ehemalige Chef des Weltwährungsfond von der damaligen CDU-Chefin Angela Merkel ins Amt gehoben wurden; zu einer Zeit, als die Bundesregierung noch von dem Sozialdemokraten Gerhard Schröder geführt wurde. Gesine Schwan unterlag; ein bitterer Moment. Zu den Überlieferungen der Bundesrepublik gehört folgendes: Wer den Bundespräsidenten stellt, der wird bei der nächsten Bundestagswahl als Sieger hervorgehen. Und in der Tat: 2004 macht Frau Merkel Horst Köhler zum Präsidenten, 2005 zieht sie ins Kanzleramt ein. Tatsächlich besteht aber zwischen beiden Wahlen kein Zusammenhang: Den Bundespräsidenten wählt die Bundesversammlung, ein Gremium von Männern und Frauen, die den einzelnen Parteien nahe stehen oder gar deren Mitglieder und Funktionsträger sind. Je nachdem wie die Landtage und der Bundestag besetzt sind, kann man ausrechnen, welcher Kandidat das Rennen macht. Bei Bundestagswahlen geht das mitnichten so: Rund 20 Prozent der Wahlberechtigten entscheiden erst in den Tagen vor der Wahl, wem sie ihre Stimme geben. Für einen Moment sah es im vergangenen Spätsommer so aus, als ob sich CDU und SPD darauf verständigen würden, das Horst Köhler eine zweite Amtszeit von Schloss Bellevue aus regieren kann. Dieses Vorgehen des Parteivorsitzenden Kurt Beck fand nicht die Zustimmung eines Teils der Sozialdemokraten derart, die daraufhin erneut die Kandidatur von gesine Schwan verlangten. Frau Schwan ließ sich nicht zweimal bitten; zu tief saß die Schmach, 2004 gegen Horst Köhler verloren zu haben. Im vergangenen Spätsommer war noch nicht klar, wie die Zusammensetzung der Bundesversammlung sein würde: Nachdem die CSU in Bayern so viele Stimmen verloren hatte, gab es zumindest noch rechnerisch die Chance, dass SPD, die Linke und die Grünen einen eigenen Kandidaten gegen das Lager aus Union und FDP positionieren und zum Sieg führen können. Die Linke entschied sich allerdings für einen eigenen Kandidaten, den Schauspieler Peter Sodann. Spätestens seit der Wahl in Hessen, aus der die Union und die FDP als Sieger hervorgegangen sind, ist klar, dass die Kandidatin der SPD, Gesine Schwan, abermals keine Chance gegen Horst Köhler haben wird. Das bürgerliche Lager verfügt über die Mehrheit, die es braucht, um dem amtierenden Bundespräsidenten eine zweite Amtszeit zu bescheren. Die Mehrheit der Deutschen findet übrigens, dass Horst Köhler einen guten Job macht. Das Volk, das bei dieser Wahl so gar nichts zu sagen hat, wünscht sich also gar keinen Wechsel im Schloss Bellevue. Es sieht so aus, als ob die Deutschen Horst Köhler weitere fünf Jahre als Bundespräsident behalten können. Weitere Texte und Infos unter auf Cicero.de

      — Interview mit Horst Köhler:

    : „Deutschland hat mir viel geschenkt“

        — Interview mit Gesine Schwan:

      „Wir sind ein Volk mit einem enormen Potenzial“

        Gert Langguth: Präsident Eigenwille

          Cathrin Wilhelm: Mit Risiken und Nebenwirkungen – zu Gesine Schwan

          ist Chefredakteur und Herausgeber des Online-Debattenmagazins The European (www.theeuropean.de). Für die Netzpiloten schreibt Alexander Kolumnen und kritische Beiträge zur Medienlandschaft und natürlich zu aktuellen politischen Ereignissen.


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          1 comment

          1. „Die Deutschen“ wünschen sich bei dieser Wahl wohl nie mehrheitlich einen Wechsel, da der amtierende Bundespräsident immer die höchsten bzw. hohe Beliebheitswerte hat – egal wie er heißt und egal was er macht und egal wer der Gegenkandidat ist.

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