Wie der Pride Month im Netz gefeiert wurde

Im letzten Monat habt ihr vermutlich vermehrt bunte Flaggen auf den Straßen und LGBTQIA+ Inhalte im Netz gesehen. Das liegt daran, dass im Juni wieder Pride Month war. In diesem Monat wird seit vielen Jahren auf die queere Community aufmerksam gemacht und vermehrt für die Akzeptanz dieser in unserer Gesellschaft gekämpft. Menschen, die Teil der Community sind, zeigen, dass sie stolz darauf sind und sich für nichts zu schämen haben. Immer mehr Menschen trauen sich, sich als Teil dieser Community zu outen, doch viele haben auch immer noch Angst davor. Angst, nicht akzeptiert zu werden. In manchen Teilen der Welt müssen Homosexuelle mit Strafen rechnen, in einigen ist sogar die Todesstrafe für Homosexuelle im Gesetz verankert, wenn auch nicht praktiziert. Doch auch in Deutschland sind Homophobie und Transphobie leider noch weit verbreitet. Der Pride Month ist dazu da Aufmerksamkeit zu schaffen, doch natürlich sollte die Akzeptanz und das Kämpfen für Gerechtigkeit über diesen einen Monat weit hinausgehen.

Pride Month und CSD: Woher kommt das Ganze?

Die Anfänge des Pride Month liegen in den Ereignissen im Stonewall Inn 1969. Das Stonewall Inn war eine Bar in der Christopher Street in NYC, in der sich viele Homo- und Transsexuelle versammelten. In der Nacht zum 28. Juni wurde dort eine Polizeirazzia durchgeführt. Solche Razzien waren in der Schwulenszene in New York und anderen amerikanischen Großstädten nicht unüblich. Oft wurden die Namen der Anwesenden von der Polizei aufgeschrieben und veröffentlicht, es gab auch immer wieder Verhaftungen. Bei dieser speziellen Razzia ließen sich die Anwesenden das Verhalten der Polizei jedoch nicht gefallen.

Als einige Personen wegen auffälliger Kleidung oder des Fehlens eines Ausweisdokuments festgenommen wurden, wehrten sie sich. Auf der Straße vor der Szenebar sammelten sich Menschen an und es wurde offen gegen die Polizisten vorgegangen. Es wurde mit Flaschen und Steinen geworfen und „Gay Power“ gerufen. Schätzungen nach waren in dieser Nacht 2000 Protestierende vor Ort. Die Lage beruhigte sich irgendwann, doch in den nächsten Tagen kam es noch zu weiteren Demonstrationen in der Christopher Street. Die Protestierenden wollten die Diskriminierung, die seit Jahrzehnten gegen homo- und transsexuelle Menschen vorherrschte, nicht mehr auf sich beruhen lassen.

Ein Jahr später organisierten Brenda Howard, auch „Mother of Pride“ genannt und Craig Rodwell den „Christopher Street Gay Liberation Day March“ am 28. Juni 1970. Über 15 Blöcke hinweg wurden ganze Straßen eingenommen und es gab kaum Gegenaktionen. Die Aktion verlief friedlich. Auch in Städten, wie Los Angeles, San Francisco oder Atlanta gab es an diesem Tag Demonstrationen.

In Deutschland fanden die ersten Demos speziell zum Christopher Street Day am 30. Juni 1979 in Köln, Bremen, Stuttgart und Berlin statt. Unter dem Motto „Gay Pride“ wurden die Demonstrationen immer organisierter und größer und verteilten sich über den Globus.

Pride Month in Zeiten von Social Distancing

Dieses Jahr jährt sich der Christopher Street Day (CSD) zum 50. Mal. Große Paraden konnte es 2020 allerdings nicht geben. Aufgrund des Coronavirus sind große Menschenansammlungen wegen der Ansteckungsgefahr immer noch sehr riskant. Veranstaltungen gibt es jedoch trotzdem, nur eben online.

Global Pride Livestream

Eines der vermutlich größten Online-Events diesen Juni war „Global Pride“. Dabei handelte es sich um einen 24-Stunden Livestream. Daran teilgenommen haben Künstler wie Becky Who, Adam Lambert, Olivia Newton John, Kesha, George Michael, Rita Ora und Ava Max. Außerdem Politiker wie Jens Spahn (deutscher Bundesgesundheitsminister), Joe Biden (ehemaliger Vizepräsident USA) und Justin Trudeau (Premierminister von Kanada) sowie Dragqueens wie Courtney Act und viele mehr. Einen ganzen Tag lang konnte man sich Shows und Vorträge anschauen. Der Spirit, der bei den Paraden, Partys und Kundgebungen normalerweise allgegenwärtig ist, ging beim Livestream zwar oft verloren, doch für viele boten sich durch den Stream auch Chancen. Leute, die sich noch nicht öffentlich geoutet haben oder in sehr konservativen Ländern leben und aus diesem Grund zuvor nicht aktiv teilnehmen konnten oder wollten, konnten das dieses Jahr online tun. Hier könnt ihr das gesamte Global Pride Programm finden.

Global Pride war wohl das größte, aber lange nicht das einzige Event, um den Pride Month zu feiern. Die New York Times hat eine Liste mit vielen unterschiedlichen Events zusammengestellt.

Pride in den Sozialen Medien

Viele verschiedene Influencer haben sich auf Social Media Plattformen über den Pride Month geäußert, Content dazu gemacht und auf Events hingewiesen. Doch auch die Plattformen selbst haben einige Features herausgebracht, um dem Pride Month die verdiente Aufmerksamkeit zu schenken.

Auf Instagram wurden beliebte Hashtags der LGBTQIA+ Community im Feed in Regenbogenfarben angezeigt. Hashtags, wie #lqbtq, #pride2020 oder #equalitymatters wurden dadurch hervorgehoben. Auch in den Instagram-Stories konntet ihr diese Hashtags nutzen. Dadurch erschien der Story Ring in den bunten Farben. Außerdem wurde die Stickerkollektion um einige Pride-Sticker erweitert und es gab neue Filter.

Eine Besonderheit des diesjährigen Pride Month auf Instagram war auch der Well-Being Guide Safe and Strong, den Instagram zusammen mit dem Queer Muslim Project veröffentlicht hat. Darin gibt es Tipps, wie sich Mitglieder der LGBTQIA+ Community auf Instagram und Facebook verwirklichen, aber auch vor Homophobie und Transphobie schützen können. Social Media soll ein sicherer und positiver Ort sein, an dem jeder teilhaben kann. In dem Guide könnt ihr also nachlesen, wie ihr verschiedene Optionen nutzen könnt, um euch und eure mentale Gesundheit auf Instagram und Facebook zu schützen. Dafür werden verschiedene Möglichkeiten vorgestellt und erklärt. Es wird erklärt, wie man seinen Account privat stellt, Inhalte nur mit engen Freunden teilt, User blockiert oder mutet, Kommentare meldet und Gleichgesinnte findet. Außerdem findet ihr im Guide auch Stimmen von Usern aus der LGBTQIA+ Community, die erzählen, wie sie selbst mit Social Media umgehen und es so nutzen, dass es ihnen und anderen hilft und nicht schadet.

Ist Spongebob schwul?

Auch Nickelodeon hat sich am Pride Month beteiligt. Auf Instagram postete der Sender ein Bild, indem Spongebob in Regenbogenfarben leuchtet neben Bildern der bisexuellen Korra von The Legend of Korra und dem transsexuellen Michael D. Cohen. Die Caption dazu lautete: „Wir feiern #Pride mit der LGBTQ+ Community und ihren Verbündeten in diesem und jeden Monat“. Von vielen wird dieser Post als Spongebobs Outing angesehen. Stephen Hillenburg, Erfinder der Comicfigur, der 2018 verstarb sagte 2005 in einem Interview einmal: “We never intended them to be gay. I consider them to be almost asexual. We’re just trying to be funny and this has got nothing to do with the show.” Ob Spongebob also nun wirklich homosexuell ist, wie viele jetzt annehmen, lässt sich nicht genau sagen, aber Nickelodeons Teilnahme am Pride Month ist von uns gern gesehen.

Der Christopher Street Day

Die CSD-Paraden sind jedes Jahr für viele Menschen ein großes Highlight. Tausende von Menschen feiern diesen Tag und machen sich für mehr Akzeptanz der LGBTQIA+ Community stark. Da solche Menschenansammlungen dieses Jahr jedoch ein erhebliches Risiko darstellen, können die CSDs nicht wie üblich stattfinden. In einigen Städten gab es Absagen oder Verschiebungen, andere haben ein Alternativprogramm auf die Beine gestellt.

In Stuttgart wird beispielsweise vom 10. bis zum 26. Juli das CSD-Kulturfestival unter dem Motto „Vielfalt braucht Verstärkung“ stattfinden. Es wird Kinoabende mit Autokino geben, tägliche Livestreams mit verschiedenen Beiträgen, einen Empfang im Rathaus, sowie die CSD-Gala, die übertragen werden. Die große CSD-Polit-Parade kann zwar nicht stattfinden, doch es wird eine CSD-Kundgebung im kleineren Rahmen geben.

ColognePride wird in diesem Jahr vom 26.09 bis 11.10 stattfinden. In dieser Zeit wird es viele verschiedene kleinere Veranstaltungen geben. Das CSD Straßenfest kann dieses Jahr nicht stattfinden, doch eine Demonstration am 11.10 ist geplant. Wie genau diese dann aussieht, ist noch unbekannt, da noch nicht klar ist, wie die Corona-Umstände im Oktober aussehen.

Pride March Bild von Jerome via Adobe Stock

Pride und Black Lives Matter

Die beiden Bewegungen haben sehr viel gemeinsam. Die ersten Protestierenden 1969 bestanden hauptsächlich aus schwarzen Transgender-Personen und queeren Menschen. Genau wie sich in den letzten Wochen viele gegen Polizeigewalt ausgesprochen und dagegen protestiert haben, wurde auch damals gegen die Vorgehensweisen der Polizei protestiert. Die diskriminierenden Razzien der Polizei, wie auch die im Stonewall Inn, gingen oft mit Polizeigewalt gegenüber Unschuldigen einher. Viele queere Menschen haben sich auch während des Pride Month gegen Rassismus ausgesprochen und die Black Lives Matter Bewegung unterstützt. Die schwarze und LGBTQIA+ Community stehen sich also sehr Nahe und haben sich gegenseitig solidarisiert. Viele Menschen gehören auch beiden Communities an. Um sich nicht entscheiden zu müssen, die eine oder die andere Seite ihrer Identität zu feiern, feiern sie beide und benutzen Hashtags, wie #allblacklivesmatter oder #blacktranslivesmatter. In einigen Städten in den USA, vor allem in LA wurden All Black Lives Matter Proteste organisiert, in denen gegen Rassismus und gegen Homophobie, Biphobie, Transphobie und jeglichen anderen Arten der Diskriminierung aufgrund der Sexualität, Hautfarbe oder Herkunft protestiert wurde.

Was ihr tun könnt, um die Black Lives Matter Bewegung zu unterstützen, könnt ihr hier nachlesen.

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Es liegt an uns, uns einzubringen

Trotz Einschränkungen durch die Krisenzeit, wurde also versucht, den Pride Month auszuleben und auf die Rechte der LGBTQIA+ Community aufmerksam zu machen. Es konnte und kann nicht so groß gefeiert werden, wie die letzten Jahre, doch es wurde dennoch versucht Aufmerksamkeit zu schaffen. Natürlich ist es nicht das gleiche, einen bunten Hashtag zu benutzen oder auf der Straße zu demonstrieren, doch es ist besser, als nichts zu tun.

Es wurde auch die Kritik laut, dass sich die queere Community zwar die Online-Events anschauen würde, der Rest der Gesellschaft, den man mit den Paraden in den Städten erreichen konnte, würde davon jedoch unbeeindruckt bleiben. Durch öffentliche Präsenz auf den Straßen seien die Menschen mehr oder minder gezwungen sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Online würden sie höchstens hin und wieder eine bunte Flagge sehen, wenn sie sich nicht aktiv nach den Livestreams und Aktionen umschauen würden. Es liegt also in der Verantwortung der nicht queeren Gesellschaft, zu der auch ich gehöre, sich über dieses Thema zu informieren und sich auch in die kommenden CSD-Veranstaltungen einzubringen.

 


Titelbild von vgorbash via Adobe Stock

Bild von Jerome via Adobe Stock

Anna Klaffschenkel ist Teil der Netzpiloten-Redaktion und interessiert sich für alles rund um die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Politik.


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