Wir müssen reden…

Katrin Viertel von medienlotse.com beantwortet Fragen rund ums Thema Erziehung und digitale Medien. Heute gibt sie Tipps, wie Eltern mit ihren pubertierenden Kindern wieder ins Gespräch kommen können.

Immer wieder höre und lese ich, dass das Gespräch mit meinem Sohn (15) das Allerwichtigste in der Medienerziehung ist – und ja nicht nur dort. Ich würde auch sehr gern reden – mein Sohn aber nicht. Er blockt jede Annäherung ab, reagiert entweder gar nicht oder weist mich schroff zurück. Wie schaffe ich es, dass mein maulfauler Teenager wieder mit mir spricht?

Antwort:
Sie stellen hier die Kernfrage der Teenager-Erziehung: Wie bleibt man im Gespräch mit jemandem, der genau daran kein Interesse hat? Oder der zumindest so tut? Eine Patentlösung gibt es – natürlich – nicht. Aber wenn man genau hinsieht, lassen sich mögliche Ansätze erkennen.

Prüfen Sie zunächst die äußeren Gegebenheiten, in denen Sie reden möchten. Sind das Situationen, in denen wirklich Zeit ist für ein Gespräch? Dies könnte zum Beispiel während der gemeinsamen Mahlzeiten sein, die ohne Telefon, Handy und Fernseher stattfinden sollten. Dieser Verzicht auf Störquellen von außen sollte immer und für alle gelten. In ruhiger Atmosphäre könnten zumindest theoretisch alle miteinander reden, obwohl dieser Anlass auch nur ein Angebot sein kann, ohne Gewähr.

Bestimmt kennt sich Ihr Sohn mit seinen Lieblingsanwendungen – zum Beispiel mit PC-Spielen, seiner Konsole oder seinem Handy – besser aus als Sie. Wenn Sie seine Expertise anerkennen, ergibt sich die Gelegenheit, ihm Sachfragen zu stellen: Was genau das Ziel eines Spieles ist, das er gern spielt, wie sich die neue Version von der vorherigen unterscheidet, ob er glaubt, das 3D-Spiele auf dem Handy bald der Renner sein werden – verfolgen Sie die aktuellen Themen in der Tagespresse oder auf netzpiloten.de. Wenn es schlecht läuft, ernten Sie bloß ein mitleidiges Grunzen. Aber wenn es gut läuft, haben Sie einen Ansatz, auf den Sie später zurückkommen können.

Vielleicht können Sie sich auch vom „Experten in der eigenen Familie“ helfen lassen beim Suchen im Netz, bei der Bildbearbeitung oder beim Backup? Auch das kann für gute oder zumindest bessere Stimmung sorgen. Und Sie können die Leistung und das Wissen Ihres Kindes anerkennen, ohne dass es allzu sehr von oben herab wirkt. Sicher gibt es Tage, an denen nichts geht, an denen Ihr Sohn alles abblockt. Aber das ist wahrscheinlich nicht immer so. Manchmal ergibt sich ein Gespräch, wenn man es am wenigsten erwartet, Drängeln nützt da nichts.

Machen Sie Ihre Haltung klar, wenn es um die Begrenzung der Nutzungszeit geht, um das Spielen und Anschauen altersgemäßer Angebote sowie um Datensicherheit und Datensparsamkeit (Tipps dazu gibt’s unter anderem bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ). Begründen Sie Ihre Ansichten, bleiben Sie dabei, aber lassen Sie in den Bereichen, die Sie für weniger entscheidend halten, mit sich reden. Reden – das bedeutet auch: kein Gemaule, kein Geschrei. Wenn Sie es dazu noch schaffen, die Regeln der Höflichkeit, deren Einhaltung Sie von Ihrem Sohn einfordern, selbst zu befolgen, auch in schwierigen Situationen, in denen Ihr Sohn offensichtlich versucht, Sie zu provozieren, haben Sie es schon fast geschafft. Das Abblocken Ihrer Annäherungsversuche ist ja nicht persönlich gemeint (Trost durch Ergebnisse erziehungswissenschaftlicher Forschung findet sich hier ), sondern Teil seiner Entwicklung. Signalisieren Sie freundlich, dass Sie da sind, dass Sie sich interessieren und zum Gespräch bereit sind – mehr können Sie jetzt nicht tun.

ist promovierte Kommunikationswissenschaftlerin, arbeitete viele Jahre als Journalistin für gedruckte und Online-Medien sowie für das Fernsehen, hauptsächlich zu Medienthemen, bis sie ihre neue Berufung fand. Seitdem berät und informiert sie als Medienlotse.com (http://www.medienlotse.com) Eltern, die sich fragen: Was machen unsere Kinder mit digitalen Medien? Und wie sollen wir damit umgehen?


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