Dass die Erde keine Scheibe ist, gehört eigentlich längst zur Selbstverständlichkeit. Schon Aristoteles erkannte vor rund 2.300 Jahren, dass von Schiffen stets erst die Mastspitze zu sehen war und leitete daraus die Kugelgestalt der Erde ab. Auch Unterschiede in Sternenbildern trugen zu dieser Erkenntnis bei. Trotzdem gibt es sie noch: Die Verfechter einer Erde in Scheibenform – und nicht einmal von vier Elefanten getragen, die ihrerseits auf einer durchs All schwimmenden Schildkröte stehen, wie in Terry Pratchetts humorstrotzenden Scheibenwelt-Romanen.
Die Verfechter der Flat Earth-Bewegung vermehren sich derzeit sogar, oder treten zumindest präsenter auf den Plan. Schuld daran: Ausgerechnet die digitale Videoplattform YouTube. So zumindest eine Studie der Texas Tech University.
Durch YouTube zum Flat Earther
Grundlage der Studie sind Interviews mit 30 Teilnehmern der Flat Earth Conference, der größten Konferenz der Flat Earth-Bewegung. Zugegeben, 30 Interviews sind keine stichhaltige Basis, trotzdem sind die Erkenntnisse aus den Interviews sehr interessant. So gaben 29 der 30 Befragten an, durch YouTube-Videos überzeugt worden zu sein. „Die einzige Person, die das nicht behauptete, war mit seiner Tochter und seinem Schwiegersohn da, die es auf YouTube gesehen und ihm davon erzählt haben“, sagt Asheley Landrum, Leiterin der Studie, an der Texas Tech University. Die Videovorschläge tauchten neben Videos zu anderen Verschwörungstheorien, wie etwa zum 11. September oder einer inszenierten Mondlandung, auf.
Hier greifen die Videos also genau die Personen auf, die ohnehin schon eine Skepsis bezüglich offizieller Darstellungen haben. Einige gaben aber auch an, die Videos angeschaut zu haben, um die Theorien widerlegen zu wollen. Schließlich konnten die Videos sie aber doch überzeugen.
Auch YouTube sieht Handlungsbedarf
Das Problem ist dem Videoportal jedoch nicht fremd. Bereits vor Veröffentlichung der Studienergebnisse sprach YouTube das Thema selbst im Rahmen ihres Blogs an. YouTube kündigte Änderungen in den Empfehlungen an, um extremen Inhalten entgegen zu wirken. Dabei werden sogar explizit auch die Flat Earth-Videos erwähnt. „Zu diesem Zweck werden wir beginnen, die Empfehlung grenzwertiger Inhalte und Inhalte, die den Nutzer auf schädliche Art falsch informieren – wie Videos, die eine erfundene Wunderheilung bewerben, die Erde als flach bekennen oder unverhohlen falsche Aussagen über historische Ereignisse wie 9/11 machen – zu reduzieren.“
Die Inhalte verbieten möchte YouTube trotzdem nicht. Man möchte weiterhin eine Plattform für freie Meinungsäußerung bleiben, extreme Inhalte aber nicht noch befeuern. Die Änderung soll über eine Kombination aus maschinellem Lernen und der Zusammenarbeit mit menschlichen Experten erreicht werden. Die Änderungen betreffen vorerst nur eine kleine Auswahl amerikanischer Videos. Sobald das System zuverlässig funktioniert, soll es aber auch auf andere Länder ausgeweitet werden.
Wir brauchen auch andere Videos
Landrum sieht YouTube übrigens nicht explizit als schädlich an. „Es gibt viele nützliche Informationen auf YouTube, aber eben auch viele Fehlinformationen“, erklärt sie gegenüber TheGuardian. „An eine flache Erde zu glauben ist an sich nichts Schlimmes, aber es kommt zusammen mit einem allgemeinen Misstrauen gegenüber Institutionen und Experten. Wir möchten, dass die Menschen Informationen kritisch hinterfragen, aber eben ausgewogen.“ Auch die Wissenschaft sieht sie in der Pflicht. „Wir wollen kein YouTube, voll mit Videos, die begründen die Erde sei flach. Wir brauchen auch andere Videos, die beweisen, warum diese Gründe falsch sind und Wege zeigen, wie man es selbst herausfinden kann.“
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Schlagwörter: Flache Erde, Flat Earther, studie, Texas Tech University, Verschwörungstheorien, Wissenschaft, youtube